Kirchenkonflikt in der Ukraine und schwere Gefechte im Osten
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Berichte Ukraine
Mit Gebeten vor dem berühmten Kiew Höhlenkloster endete gestern der Kreuzweg für den Frieden, den die Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats organisiert hat. Zwei Wochen marschierten Gläubige von westlichen und östlichen Landesteilen der Ukraine nach Kiew, begleitet auch von Protesten ukrainischer Nationalisten; sie sehen im Moskauer Patriarchat nur eine fünfte Kolonne Russlands, das die Krim annektiert hat und Krieg in der Ostukraine führt. Kirchenpolitisch ist das Land nicht nur zwischen Moskau und Kiew gespalten; daher ist der reale politische Einfluss der Kirchen in der Ukraine eher gering, auch was Friedensinitiativen betrifft. Unter dem Krieg leiden auch die Städte des Kreises von Donezk, die unter ukrainischer Kontrolle sind. Ein Beispiel ist die 14.000 Einwohner zählende Kleinstadt Nowogrodowka. Zu den Folgen des Krieges sagt Olena Manturowa, die Familienreferentin der Gemeinde:
"Alle großen Krankenhäuser blieben auf der anderen Seite; das gilt auch für Fachärzte sowie für medizinische Geräte. Jetzt haben wir zwar ein medizinisches Zentrum für den Kreis in der Stadt Kramatorsk, doch dorthin sind nicht alle Spezialisten gegangen. Besonders schwer haben es Krebs-Patienten. Das nächste große medizinische Zentrum liegt in Dnipropetrowsk, und das ist bereits ein Nachbarkreis."
Die Fahrt nach Dnipropetrowsk dauert mit dem Auto etwa drei Stunden, während Donezk von Nowogrodowka nur 40 Auto-Minuten entfernt ist. Doch für die Kleinstadt war Donezk auch das Zentrum für Sport, Kultur, für Einkauf und Entspannung sowie für die Ausbildung der Jugend. Nowogrodowka zählt 14.000 Einwohner; ebenso viele Binnenflüchtlinge sind registriert, vor allem wegen der Auszahlung von Pensionen und Sozialhilfe; doch real lebe nur ein Bruchteil von ihnen noch in der Stadt, betont Olena Manturowa:
"1.000 dürfte die reale Zahl sein. Hier leben nur jene, die entweder zu ihren Eltern zurückgekehrt sind, oder die hier gewohnt und früher in großen Betrieben in Donezk gearbeitet haben. Zu den Binnenvertriebenen zählen hier auch die, die wirklich in Donezk durch den Krieg alles verloren haben. Andererseits sind viele nach Donezk zurückgekehrt, weil dort ihr zu Hause ist."
Rückkehrer leben in den prorussischen Rebellen-Gebieten somit vielfach billiger, weil die Kosten für die Unterkunft viel geringer sind. Hinzu kommt, dass auch die Wirtschaftslage in Nowogrodowka alles andere als rosig ist; dazu sagt Olena Manturowa:
"Wir haben zwei Schlüsselbetriebe, das sind zwei staatliche Kohlezechen; sie haben derzeit sehr große Außenstände gegenüber unseren Bergleuten, denen sie seit Mai die Löhne nur teilweise ausbezahlt haben. Daher fuhr eine Delegation der Kumpel vergangene Woche nach Kiew, doch die versprochene Auszahlung der Löhne erfolgte bisher nicht."
Somit ist Nowogrodowka ein gutes Beispiel wie sehr in der Ostukraine seit der Unabhängigkeit vor mehr als 20 Jahren der wirtschaftliche Strukturwandel versäumt wurde, den die Führung in Kiew nun in Kriegszeiten unter viel schwierigeren Bedingungen nachholen muss.