Trauma der Opfer und die Folgen
Fernsehen
ZiB24
Berichte Ukraine
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Mariupol
Insert1: Wasilij, 26-jähriger Arbeiter in Mariupol
Insert2: Elena Mursa Psychologin
Gesamtlänge: 2’33
Ende Jänner erlebte Mariupol den schlimmsten Artillerieangriff des Krieges. Etwa 20 Personen starben, mehr als 70 wurden verletzt. Die Spuren sind mehr als einen Monat später noch deutlich sichtbar, auch an dieser Apotheke. Hier wurde eine Frau so schwer verletzt, dass ihre beiden Beine amputiert werden mussten; ihr Sohn Wasilij kam mit leichteren Verletzungen davon, muss aber noch zwei Monate im Krankenhaus bleiben:
„Der schlimmste Moment war, als sich nach der Explosion wieder zu mir kam. Das erste was ich sah waren Panik, Lärm, Autos, Explosionen, Geruch nach Verbranntem, Pulverdampf, viele verkrüppelte Menschen; da habe ich schon mit meinem Leben abgeschossen. Doch die Rettung kam zur rechten Zeit.“
Der Lebensmut kehrt aber schrittweise zurück:
„Ich glaube, jetzt wird es leichter und leichter; mit der Gehschule beginne ich jetzt schrittweise zu gehen; bald werde ich auch auf Krücken gehen können, und dann langsam aber sicher ganz selbstständig.“
Besucht wird Wasilij regelmäßig von Elena Mursa, einer von 80 Psychologen, die der Hilfsfonds des Oligarchen Rinat Achmetow finanziert, um traumatisierte Opfer in der Ukraine zu betreuen:
„Das ist auch ein großes seelisches Trauma. Warum bin ich friedlicher Mensch von einem Granatsplitter verletzt worden, warum war das nötig; diese Fragen hören wir immer wieder.“
Der Krieg in der Ostukraine traumatisiert auch Personen, die keine körperlichen Schäden davongetragen haben. Dazu zählen insbesondere Kinder und daher besuchen Elena und ihre Kollegen regelmäßig Schulen in Mariupol. Die Psychologen informiert der Klassenvorstand, wenn Kinder etwa durch ihre Zeichnungen besondere Auffälligkeiten zeigen:
„Wenn Kinder sichere Orte zeichnen sollen, stattdessen aber zerstörte Häuser, Explosionen, einen Keller oder ein Spital zeichnen, dann ist klar, dass das Kind traumatisiert ist. Denn das Kind erfüllt nicht die Aufgabe, sondern folgt seinem Herzen, und darin ist der Krieg.“
65.000 Verriebene leben in Mariupol; viele sind auf Lebensmittel angewiesen, die Achmetows Hilfsfond sowie Rotes Kreuz und internationale Organisationen liefern. Das Ende der größten Flüchtlingskrise in Europa seit dem blutigen Zerfall Jugoslawiens ist noch nicht in Sicht.