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Slowenien: Byzantinisch-Habsburgisch-Balkanisch

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Kleine Zeitung
Berichte Slowenien

Frage: „Was ist der Unterschied zwischen dem diplomatischen Protokoll und Terroristen?“ Antwort: „Mit Terroristen kann man verhandeln!“ Dieser Journalisten-Witz bestätigt sich in Slowenien bei Besuchen österreichischer Spitzenpolitiker praktisch jedes Mal. Das zwei Millionen-Einwohner-Land hat ein byzantinisch anmutendes Protokoll unabhängig von der politischen Farbe des Amtsträgers, wobei aber die „linke Reichshälfte“ in Slowenien im Umgang mit Journalisten weit professioneller und offener ist als insbesondere der amtierende Ministerpräsident Janez Jansa. Den 62-jährigen kennzeichnet ein ausgeprägtes Freund-Feind-Denken und eine fatale Hingabe an Twitter; in Anlehnung an den jugoslawischen Diktator Marschall Josip Broz Tito zählt „Marschall Twito“ zu seinen Spitznamen. Doch bei all seinen tatsächlichen und vermeintlichen Schwächen - ein Diktator ist Jansa nicht, denn dazu fehlen ihm in Slowenien bereits die Wähler- und Machtbasis sowie die Amtsdauer.

Bei Wahlen erreichte Jansas Partei SDS bisher nie mehr als etwa 30 Prozent der Stimmen; im Parlament mit seinen 90 Sitzen hat die SDS 26 Mandate und seine Minderheitsregierung 38 Abgeordnete. Unterstützt wird die Drei-Parteien-Koalition von drei slowenischen Ultranationalisten, den zwei Abgeordneten der nationalen Minderheiten und noch vier Abgeordneten der Pensionistenpartei DESUS, die offiziell in der Opposition ist; das macht insgesamt 47 Mandate, während die drei Mitte-Links-Parteien, die Linke und vier Unabhängige die übrigen Mandate stellen. Slowenien prägt somit eine starke konservative Partei, eine zersplitterte Linke und mehrere Kleinparteien. Das Land ist politisch instabil, doch die Voraussetzung für eine „Machtergreifung“ von Janez Jansa ist einfach nicht gegeben.

Bleibt der berechtigte Vorwurf der politischen Umfärbung von Institutionen, der bei Regierungswechseln in der EU nicht nur auf Balkan-Staaten beschränkt ist. Erhoben wird der Vorwurf in Slowenien vor allem von Vertretern der Linken, die das Land mehr als zwei Drittel seiner Eigenstaatlichkeit dominiert haben. Das gilt auch für die Medien, obwohl der Druck der Regierung auf die staatliche Presseagentur zu Recht kritisiert wird. Während aber im EU-Land Malta vor einigen Jahren eine Journalistin durch eine Autobombe getötet wurde, die über Korruption in der Regierungsspitze berichtete, beschränkt sich die slowenische Realität auf politischen Druck, den mit ungarischer Hilfe vollzogenen Aufbau von Jansa-Medien und seinen Twitter-Account. Ein differenzierterer Umgang mit Slowenien ist angebracht, doch welcher deutsch(sprachig)e Journalist spricht schon slowenisch, und somit dominieren lokale Korrespondenten mit klarer politischer Ausrichtung das Bild sogenannter liberaler Leitmedien in Europa.

Slowenien ist eine junge Demokratie, ein polarisiertes Land aber einig in der mangelnden Bereitschaft die kleine deutsche Volksgruppe anzuerkennen. Trotzdem ist das Habsburger-Erbe nicht nur architektonisch sichtbar; wie treffend formuliert doch der konservative Politologe Marko Balazic:

„Wir haben die habsburgische Bürokratie, die wir balkanisiert haben. Wir halten uns also grundsätzlich an die Regeln, aber diese Regeln sind so kompliziert, dass sie niemand wirklich versteht. Und das ist Slowenien.“

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