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Slowenien vor 30 Jahren

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Berichte Slowenien

Vor 30 Jahren begann mit den Unabhängigkeitserklärungen von Slowenien und Kroatien der blutige Zerfall des sozialistischen Jugoslawien, das den Tod seines Staatsgründers, des Diktators Josip Broz Tito, gerade einmal um 10 Jahre überlebt hatte. Der Krieg in Slowenien dauerte nur zehn Tage und forderte weniger als 100 Todesopfer. Zu den Brennpunkten des Krieges zählten auch Grenzübergänge zu Österreich, weil die Jugoslawische Volksarmee die Kontrolle über diese Übergänge und damit auch die Zolleinnahmen wieder in ihre Hand bekommen wollte. Dieser Krieg führte daher auch zum größten militärischen Einsatz des Bundesheeres an der Staatsgrenze. Dass Slowenien seine Unabhängigkeit erkämpfte lag auch an der guten Vorbereitung auf den Tag X, die bereits viele Monate vor Kriegsbeginn einsetzte.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Slowenien

Kamera: Andrej Suvacarov; Schnitt: Mica Vasiljevic

Insert1: Drago Kos, Ermittler der Polizei im Fall Holmec

Insert2: Drago Kos, Ermittler der Polizei im Fall Holmec

Insert3: Niko Brus, Obmann der Veteranenvereinigung in Gorna Radgona

Insert4: Generalmajor Ladislav Lipic, Vorsitzender des slowenischen Veteranenverbandes

Gesamtlänge: 3’17

Der Grenzübergang Gralblach-Holmec bei Bleiburg erweckt einen sehr beschaulichen Eindruck. Die Österreicher kontrollieren hier derzeit nur wegen der Corona-Pandemie; auf slowenischer Seite ist am Drehtag überhaupt kein Beamter am Grenzposten anzutreffen. Vor 30 Jahren war die Lage ganz anders. Ein ORF-Team filmte spektakuläre Bilder vom Kampf zwischen slowenischen Truppen und der jugoslawischen Volksarmee. Holmec ist der einzige Schauplatz im Slowenien-Krieg, wo der Verdacht von Kriegsverbrechen bestand:

Drago Kos 3’05 (23‘23’30 – 23‘24‘10) 3‘44

„Wir untersuchten mögliche Kriegsverbrechen auf beiden Seiten. Besonders interessierte uns, wie drei jugoslawischen Soldaten und zwei unserer Polizisten fielen. Abgesehen von einem Soldaten ermittelten wir genau, wer und wie die übrigen vier Personen getötet hat. Wir stellten fest, dass sich das in einem normalen militärischen Konflikt ereignete. Unseren Bericht sandten wir an die Staatsanwaltschaft, die keine weiteren Ermittlungen anordnete.“

Das heißt, die spektakulären Bilder zeigen nicht die Schlüsselereignisse?

Drago Kos 10’33 (23‘30’59 – 23‘31‘06) 10’41

„Diese Aufnahmen zeigen sicher nicht das Ereignis, das zu den Opfern in Holmec geführt haben.“

Heftige Kämpfe gab es auch bei Gornja Radgona, wo die Mur die Grenze zwischen Slowenien und der Steiermark bildet. 270 Slowenen stellten sich damals der Jugoslawischen Volksarmee entgegen; Erfolge erzielten sie etwa durch gezielte Angriffe auf Nachschub und Versorgung der jugoslawischen Truppen unter Oberst Popow:

Niko Brus Ort des Angriffs auf die Kolonne

0’21 ( 18‘30’19 – 18‘31‘03) 1‘05

„Als Oberst Popow am 28. Juni nach Gornja Radgona kam, versammelten sich untere Jungs in diesem Gebäude und entschlossen sich zum Angriff mit Molotow-Cocktails. Dabei wurden etwa 10 LkWs vernichtet; das waren die Begleitfahrzeuge der Einheit. Damit war Popow abgeschnitten und fuhr direkt zum Grenzübergang.“

Wesentlich für den Erfolg der Slowenen waren die Kampfmoral sowie die Vorbereitung auf den Krieg, die bereits viele Monate vorher begann:

Ladislav Lipic

3’54 (18‘51’01 – 18‘52‘10) 5‘02

„Eine gewisse Anzahl an Waffen hatte die Territorialverteidigung selbst. Bereits zu Beginn des Konflikts beschaffte der Staat Waffen gegen gepanzerte Fahrzeuge sowie Luftabwehrraketen. Entscheidend war auch, dass die Einheiten der Territorialverteidigung Waffenlager der Jugoslawischen Armee in Besitz nahmen, in denen sich schwere Waffen befanden.“

Die ersten jugoslawischen Panzer rollten von hier aus, und zwar am Nachmittag desselben Tages, an dem Slowenien in Laibach feierlich seine Unabhängigkeit proklamierte. In dieser ehemaligen Kaserne ist nun das Museum für Militärgeschichte untergebracht. Der Krieg in Slowenien dauerte 10 Tage und forderte weniger als 100 Todesopfer. Trotz aller Herausforderungen haben Slowenien und wohl auch Kroatien von ihrer Unabhängigkeit profitiert; bei den anderen Nachfolgestaaten des Tito-Staates fällt die Bilanz dagegen deutlich gemischter aus.

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