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Slowenien zwischen rechtem Weg und der Verantwortung für den Wandel

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Wiener Zeitung
Berichte Slowenien
Bis zu 14 Jahre warten Bürger in Slowenien auf ein Gerichtsurteil; auf eine Herzoperation wartet man nach Angaben slowenischer Medien vier Monate, auf einen Kindergartenplatz sogar ein Jahr, während man in einem Privatkindergarten für 500 Euro pro Monat sofort einen Platz bekommt. Probleme gibt es somit genug in Slowenien, doch den Wahlkampf dominierten im Grunde nur zwei Themen. Da war zunächst der Kampf gegen die Tycoone, den der konservative Ministerpräsident Janez Jansa und seine SDS ausgerufen hatten. Das Hauptangriffsziel war dabei Bosko Srot, der Eigentümer der Brauerei Lasko, der unter anderem auch zwei große Tageszeitungen gehören. Srot fiel bei Jansa in Ungnade, daher wurde er ganz nach dem Vorbild Russlands vom guten zum schlechten Tycoon. Die Kritik an den Reichen, die Janez Jansa und seine Regierung durch „Privatisierungen“ zum Teil selbst gemacht haben, war in Slowenien jedenfalls populär, weil das Gefühl weit verbreitet ist, dass einige wenige immer reicher werden, während die Masse etwa mit der hohen Inflation zu kämpfen hat.

Das Thema der Tycoone verschwand im dem Augenblick aus dem Wahlkampf, als durch einen Bericht des finnischen Staatsfernsehens die seit langem schwelende Affäre Patria voll ausbrach. Denn für den Kauf von 136 Radpanzern des finnischen Waffenherstellers Patria zum Preis von 280 Millionen Euro soll kräftig Schmiergeld geflossen sein, und zwar 21 Millionen Euro. Der Bericht des finnischen Fernsehens beschuldigte auch Janez Jansa, bestochen worden zu sein. Die Frage, ob Jansa Schmiergelder genommen hat oder Opfer einer Kampagne wurde, stellte alle anderen Themen in den Schatten. Die regierende Vier-Parteienkoalition stellt die Patria-Affäre als Verschwörung der linken Opposition dar, die mit slowenischen und finnischen Journalisten Jansa zu Fall bringen soll. Die Opposition wies diese Vorwürfe zurück und warf der Regierung vor, die Affäre statt aufzuklären ausnützen zu wollen.

Zumindestens eine Umfrage zeigt, dass Jansa mit seiner Offensive gegen Nestbeschmutzer und Vaterlandsverräter punkten konnte, denn klare Beweise gegen ihn sind bisher nicht aufgetaucht. Daher verzichtete die linke Opposition bei ihrer Abschlusskundgebung in Laibach auch auf das Thema. Der Vorsitzende der Sozialdemokraten (SD), Borut Pahor, erwähnte Patria mit keinem Wort; stattdessen forderte er vor allem einen Wandel im Stil der Politik; auf eine Politik der Konflikte und Affären müsse eine Politik des Konsenses und der Mäßigung folgen, um die Probleme Sloweniens gemeinsam zu lösen. Pahors SD kämpft nach Umfragen mit Jansas SDS im Platz eins; ihr Wählerpotential soll bei bis zu 30 Prozent liegen. Das größere Koalitionspotential dürfte jedoch die Linke in Slowenien haben. So kann die SD auf zwei Parteien zählen; es sind dies die ehemalige Regierungspartei LDS (die Liberalen) und die Partei „Zares“, die sich von den Liberalen abgespalten hat. Unterstützt wird die Linke auch noch vom populären, parteilosen Bürgermeister von Laibach, Zoran Jankovic, und von Altpräsident Milan Kucan. Zur absoluten Mehrheit braucht der linke Dreibund wohl noch die Pensionsistenpartei DESUS; sie regierte bisher in wechselnden Koalitionsformen und ist derzeit einer von drei Koalitionspartnern von Jansas SDS. Die anderen beiden sind die SLS (Volkspartei) und Nova Slovenia, doch liegen beide an der Vier-Prozent-Hürde und müssen daher um den Einzug in das Parlament mit seinen 90 Abgeordneten zittern. DESUS und SLS sollen auf Jansa und seinen autoritären Führungsstil nicht gut zu sprechen sein, ein Frontwechsel, vor allem von DESUS ist daher durchaus möglich. Bleibt Jansa somit nur noch die SNS, unter ihrem ultranationalistischen, unberechenbaren Vorsitzenden Zmago Jelincic als sicherer Koalitionspartner. Selbst wenn Jansa somit am Sonntag unter den 1,7 Millionen Wahlberechtigten die Nas vorn hat, könnten ihm die Koalitionspartner fehlen, um weitere vier Jahre im Amt zu bleiben, und die konservative Wende weiter zu treiben, die Slowenien nach Jahren der Dominanz der Linken ausgesprochen polarisiert hat.

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