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Deutsche und Marburg und das Ende der MInderheit in Jugoslawien

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Die slowenische Stadt Marburg und einige weitere Städte der slowenischen Steiermark sind in diesem Jahr die Kulturhauptstadt Europas. Dabei ist in Marburg zum ersten Mal auch eine Ausstellung über die historische Rolle der deutschen Volksgruppe zu sehen. In Bad Radkersburg wiederum hat vor wenigen Tagen eine hochrangig besetzte internationale Tagung über das Verschwinden der deutschsprachigen Bevölkerung aus Jugoslawien stattgefunden, die nach dem Zweiten Weltkrieg fast völlig vertrieben wurde. Dieses Symposium und die Ausstellung in Marburg hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz besucht, hier sein Bericht:

„Nemci in Maribor“ – Die Deutschen und Marburg, 1846 bis 1946, das Jahrhundert der Umwälzung“ lautet der Titel der Ausstellung in Marburg. Gezeigt wird dabei durch mehr als 50 Exponate und viele Bilder die Rolle der Deutschen, die in Marburg bis zum Ende des Ersten Weltkrieges mehr als 90 Prozent der Bevölkerung stellten. Im Königreich Jugoslawien waren die 500.000 Deutschen die größte nationale Minderheit. Was das Ende der Monarchie für diese einst tonangebende Volksgruppe bedeutete, erläutert der Historiker Stefan Karner:

Karner war Mitveranstalter der Tagung über das Verschwinden der Deutschen aus Jugoslawien, die in der Vorwoche in Bad Radkersburg stattfand. Dabei kamen auch die massiven Verbrechen zur Sprache, die die nationalsozialistischen Besatzer im Zweiten Weltkrieg im ehemaligen Jugoslawien begangen haben. Doch ebenso wie bei der Ausstellung in Marburg wurde auch in Bad Radkersburg erwähnt, dass sich an diesen Verbrechen keineswegs alle Jugoslawien-Deutschen beteiligten. Trotzdem zahlten sie nach dem Sieg der Tito-Kommunisten kollektiv den Preis. Wie hoch dieser war, erläuterte in Bad-Radkersburg der kroatische Historiker Vladimir Geiger:

„Man rechnet, dass etwa 240.000 Deutschen die Flucht gelang, und zwar bereits während des Krieges und bei Kriegsende. Und es gibt Angaben, dass bis zu 200.000 Deutsche das Kriegsende auf dem Gebiet Jugoslawiens erwarteten. Von ihnen dürften etwa 180. 000 in Lager gekommen sein. Und davon wiederum dürfte ein Viertel an den Folgen der Lagerhaft umgekommen sein, das sind zwischen 50.000 und 60.000 Personen."

Weitgehend ausgelöscht wurde auch das kulturelle Erbe. So wurden in der Gotschee von 176 deutschen Dörfern mehr als 100 zerstört. Die Tagung in Bad Radkersburg und die Ausstellung in Marburg boten und bieten somit einem Blick auch ein fürchterliches Jahrhundert, dessen Schrecken und Verbrechen in Europa nun hoffentlich niemals wieder kehrt.

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