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Slowenien stimmt ab

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Berichte Slowenien
„Slowenien daheim in der EU, sicher in der NATO“ - mit diesem Motto wirbt die Regierung in Laibach für einen positiven Ausgang der zwei Referenden, die kommenden Sonntag statt-finden werden. Mit völliger ruhe kann die Regierung der Abstimmung über den EU-Beitritt entgegen sehen, für den eine große Mehrheit der 1,6 Millionen Wahlberechtigten stimmen werden. Enger dürfte das Ergebnis im Falle der NATO sein, sind doch bei weitem nicht alle Slowenen davon überzeugt, daß die NATO tatsächlich soviel Sicherheit verheißt oder für die Sicherheit Sloweniens unerläßlich ist. Trotzdem wird auch mit einem positiven Ausgang dieser Abstimmung gerechnet, nicht zuletzt deshalb, weil alle relevanten politischen Kräfte auch für den NATO-Beitritt sind. Unser Korrespondent Christian Wehrschütz hat in Slowe-nien die Debatte über NATO- und EU-Beitritt verfolgt und den folgenden Beitrag gestaltet:

Das malerische Städtchen Kranj, zu deutsch Krain, liegt am Fuße der Julischen Alpen. Deren Gipfel sind noch schneebedeckt, doch der Frühling beginnt sich auch bereits in diesem Teil Sloweniens durchzusetzen. Berühmt ist das 25.000 Einwohner zählende Städchen aber nicht nur wegen seiner Umgebung oder der historischen Bauten; vielmehr ist Krain die Heimatstadt des Nationaldichters France Preseren, von dem auch die Hymne Sloweniens stammt. Im Gegensatz zu diesem idyllischen Bild verlief jüngst im Gemeinderatssaal eine Debatte über Für und Wider eines NATO-Bei-tritts:

- Atmospäre im Saal-

Etwa 40 Personen vorwiegend mittleren Alters und bis auf drei Frauen alle männlichen Ge-schlechts sind zu dieser Diskussion gekommen. Am Podium sitzen ein Journalist, zwei jugendliche NATO-Gegner und eine Vertreterin des Verteidigungsministeriums. Debattiert werden etwa: der Sicherheitsgewinn eines allfälligen Beitritts zur NATO, dessen Kosten für Slowenien, die Gefahr terroristischer Anschläge und die mögliche Rolle eines NATO-Mit-gliedes Slowenien als Tor zum Balkan. Als NATO-Befürworterin hat die Mitarbeiterin des Verteidigungsministeriums keinen leichten Stand. Denn die Zustimmung der Bevölkerung zum NATO-Beitritt ist weit geringer als zur EU-Mitgliedschaft: (9 L)

„Ich hoffe, daß der EU-Beitritt positiv verlaufen wird, der Beitritt für die NATO hoffentlich negativ. Wir haben überhaupt nichts von der NATO. Der Irak-Krieg hat glaube ich keinen Einfluß, die Menschen haben sich schon entschlossen, sie wissen, was sie tun.“

Trotzdem dürfte eher die folgende Meinung der Mehrheit der Slowenen entsprechen: (3 K):

„Ich habe keine Bedenken, wenn ich für den Beitritt in die NATO stimme. Seit der Gründung der NATO habe ich immer nur positives gehört, sie hat immer nur geholfen. Ich bin von einem positiven Ergebnis überzeugt. Was den EU-Beitritt betrifft, glaube ich an eine große Mehrheit. Es ist die beste Alternative, die wir haben.“

In diesem Sinne sagen auch Umfragen einen positiven Ausgang beider Referenden voraus. Für den EU-Beitritt wird mit einer Zustimmung von mehr als 70 Prozent gerechnet, während für den NATO-Beitritt knapp über 50 Prozent vorhergesagt werden. Trotzdem dürfte auch diese Volksabstimmung im Sinne der Regierung ausgehen. Erstens ist die Zahl der erklärten Gegner stark zurückgegangen und zweitens werden Stimmenthaltungen nicht als Nein-Stim-men beim Referendum gewertet. Die geringere Zustimmung zur NATO hat mehrere Wurzeln: das Gefühl bedroht zu sein, ist gering, dafür fürchtet man höhere Verteidigungsausgaben im Falle eines Beitritts; vorhanden sind auch ideologische Vorbehalte gegen die NATO und die USA, die durch die Irak-Krise in der Bevölkerung verstärkt wurden. Auch hat die Regierung die Vorteile des NATO-Beitritts nicht so gut präsentiert wie die der Mitgliedschaft zur EU. Slowenien hat sehr gut mit Brüssel verhandeln und Europaminister Janez Potocnik zählt zu den beliebtesten Politikern. Trotzdem dürfte die Regierung in Laibach beide Abstimmungen gewinnen; sie hat auch die Ermordung des serbischen ministerpräsidenten Zoran Djindjic als Argument für die NATO ins Treffen geführt. Ein letzter Unsicherheitsfaktor bleibt ab der Krieg gegen den Irak. Beginnt der Krieg unmittelbar vor der Abstimmung, ist nicht völlig ausgeschlossen, daß er einen Meinungsumschwung bewirkt, den auch die Meinungsforscher nicht vorherzusagen vermocht haben.
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