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Alexander Vucic zur Lage Serbiens zwischen Brüssel und Moskau

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Berichte Serbien
Die Art neuer Kalter Krieg zwischen der EU und Russland wegen der Ukraine hat ein Balkan-Land ganz besonders in die Zwickmühle gebracht – Serbien. Einerseits will Serbien der EU beitreten, anderseits hat es traditionell enge Beziehungen zu Moskau und Vladimir Putin ist auch in Serbien ein populärer Politiker. An den Sanktionen gegen Russland hat sich Belgrad nicht beteiligt, und das hat Brüssel im Grunde auch noch nicht verlangt, weil das Balkan-Land noch bis zu zehn Jahre bis zum EU-Beitritt vor sich hat. In Belgrad hat unser Korrespondent Christian Wehrschütz mit Ministerpräsident Alexander Vucic über den Spagat der serbischen Außenpolitik zwischen Brüssel und Moskau gesprochen; hier sein Bericht:

In Serbien ist der 45-jährige, großgewachsene Alexander Vucic nicht nur der populärste Politiker, sondern auch der mächtigste seit dem Sturz von Slobodan Milosevic im Herbst 2000. So verfügt Vucic mit seiner Fortschrittspartei über eine absolute Mehrheit im Parlament. Nicht ungetrübt ist sein Verhältnis zum Gründer der Fortschrittspartei, dem amtierenden Staatspräsidenten Tomislav Nikolic. Nikolic gilt als ein klarer Verfechter einer engen Bindung Serbiens an Russland, während Vucic in Deutschland den strategischen Partei seines Landes sieht. Auf die Probe gestellt wird die Außenpolitik Serbien auch durch die Präsidentschaft in der OSZE, die im Krieg in der Ostukraine mit ihrer Beobachtermission eine wichtige Rolle spielt. Zur Außenpolitik Belgrads zwischen Brüssel und Moskau sagt Alexander Vucic:

„Ich möchte nicht über ein Balancehalten sprechen, weil unser strategisches Ziel der Weg in die EU ist. Das ist unser erstes, grundlegendes strategisches Ziel. Ja, wir wollen auch freundschaftliche Beziehungen mit Russland haben, ja wir sind derzeit auf dem Energiesektor völlig von Russland abhängig. Dieses Problem wird noch einige Jahre andauern. Ich habe keine großen Träume, dass Serbien die Probleme zwischen Russland und der Ukraine lösen kann. Ich weiß, dass ich Regierungschef eines kleinen Landes mit relativ wenigen Einwohnern bin. Wir haben mit den Schweizern zusammenzuarbeiten, die unsere Vorgänger waren, und mit den Deutschen, die uns im OSZE-Vorsitz nachfolgen werden. Wir haben uns objektiv zu verhalten und keine Fehler zu machen."

Realpolitisch geprägt ist auch die Einschätzung des Ministerpräsidenten zur Rolle und zur Bedeutung Serbiens in Europa und in der Welt; Alexander Vucic:

„Wir haben die regionale Stabilität zu wahren und dafür zu sorgen, dass wir am Westbalkan keine Probleme haben; da haben wir eine wichtige Rolle. Was die großen weltpolitischen Themen betrifft, so haben wir nicht zu stören und nützliche Hilfe zu leisten. Doch davon zu träumen, dass Serbien eine der großen Krisen lösen könnte, wäre unseriös und verantwortungslos."

Einen Dämpfer erhielt die beschworene serbisch-russische Freundschaft vor einigen Monaten jedenfalls dadurch, dass Russland das Projekt der Erdgasleitung „South Stream" für tot erklärte, die auch über serbisches Territorium führen hätte sollen. Serbien ist zu 90 Prozent von Erdgaslieferungen aus Russland abhängig und sucht nun nach Alternativen Lieferwegen, wie Vucic erläutert:

„Wir sprechen jetzt mit unseren russischen und rumänischen Freunden, wie wir dieses Problem lösen können. Die größten Probleme haben zweifellos Serbien und Ungarn, weil Russland angekündigt hat, im Jahre 2019 Gaslieferungen durch ukrainisches Territorium einzustellen. Davor müssen wir dieses Problem lösen; ob das durch Lieferungen über Rumänen, über die Türkei und Griechenland oder über die Türkei und Bulgarien erfolgt, ist offen; doch lösen müssen wir das mit Hilfe der EU-Kommission und wir erwarten die volle Unterstützung unserer europäischen Partner in dieser Frage."

Kritisch sieht Vucic übrigens auch den Wahlsiegt der Linken in Griechenland, das auf dem Balkan ein langjähriger Freund und Verbündeter Serbiens war und ist:

„Ich gratuliere dem griechischen Wahlsieger, doch das ist nicht mein Zugang. Im Leben gibt es nichts geschenkt. Ich glaube daher an schwierige Strukturreformen, an die Änderung unserer Mentalität und an die schmerzliche Gesundung unserer Wirtschaft. In dieser Frage stehe ich Deutschen und Österreichern näher als unseren Freunden in Südeuropa. Ich wünsche Herrn Tsipras viel Erfolg und Glück; wenn er zeigt, dass man auf diese Weise sein Land aus der Krise führen kann, dann ist er im Recht und wir alle müssen abtreten, die glauben, dass das nur mit viel Arbeit zu erreichen ist."
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