× Logo Mobil

Die Rückkehr der alten Garde

Zeitung
Kleine Zeitung
Berichte Serbien
Neun Wochen nach der Parlamentswahl ist in Serbien nun eine neue Regierung in Sicht; sie ist eine Mischung aus sechs Parteien, die abgesehen von der Serbischen Fortschrittspartei (SNS) aller bereits in irgendeiner Form miteinander koaliert haben. Dazu zählen die ehemaligen Milosevics-Sozialisten mit ihren beiden Bündnispartnern (Pensionistenpartei und eine Lokalpartei), die Regionalpartei URS unter dem langjährigen Wirtschaftsminister Mladjan Dinkic und die Partei Neues Serbien (NS), die einen Wahlblock mit der SNS bildete. Rückgrat der Sechser-Koalition ist die SNS, die sich vor mehr als drei Jahren von den Ultranationalisten abgespaltet hat, die bei der Wahl an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten. Die SNS will nun eine gemäßigte nationalkonservative Kraft der Mitte sein, die den Europäischen Volksparteien beitreten will.

SNS-Vorsitzender Tomislav Nikolic gewann Ende Mai die Stichwahl um das Präsidentenamt gegen Boris Tadic. Dieser Sieg leitete die Wende bei der Regierungsbildung ein. Denn Tadics Demokratische Partei muss in die Opposition, weil ihre Verhandlungen mit dem bisherigen Bündnispartner, den Sozialisten unter Innenminister Ivica Dacic scheiterten. Denn Dacic erhielt von der SNS das Amt des Ministerpräsidenten angeboten, während der geschlagene Tadic selbst Regierungschef werden wollte. In herzlicher Feindschaft Tadic zugetan war auch sein bisheriger Koalitionspartner Mladjan Dinkic, der ebenfalls die Fronten wechselte und der neuen Regierung nun wieder angehört, während ihn Tadic nicht mehr haben wollte.

Die neue Koalition unterzeichnete am Dienstag einen Koalitionspakt, der zehn Punkte umfasst. Als erster Punkt wird das Ziel eines raschen Datums für den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der EU formuliert. Drei Absätze weiter heißt es, dass „Serbien die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkennen“ wird, aber die offene Frage des Kosovo mit friedlichen Mitteln und im Wege des Dialogs lösen will. Beide Formulierungen hätte wohl auch Boris Tadic unterschreiben können, doch im Gegensatz zu Tadic geht jedenfalls Tomislav Nikolic den Weg einer offen realistischeren Politik gegenüber seinen Serben, was die Lage im Kosovo betrifft. So bekannte Nikolic vorgestern, er werde niemals Präsident in Pristina sein, doch die Regierung in Pristina werde auch niemals den Nordkosovo kontrollieren. Das deutet darauf hin, dass in Serbien die Zeit der Illusionen bei der politischen Elite vorbei ist, und auf dem Weg Richtung Brüssel eine für Belgrad gesichtswahrende Lösung gesucht wird.

Trotzdem werden erst konkrete Taten beweisen müssen, in welchem Ausmaß die neue Regierung und ihr Präsident nicht nur politisch „Kreide gefressen“, sondern sich auch tatsächlich geändert haben. Denn Nikolic, Dacic und Alexandar Vucic, der von Nikolic die SNS übernommen hat und Verteidigungsminister werden soll, sind alle alte Kader aus der Zeit von Slobodan Milosevic, die in den 90iger Jahren ganz kräftig ins nationalistische und großserbische Horn gestoßen haben. Daher bestehen in der Region zum Teil große Vorbehalte während der Westenabwartet, weil er von Tadic und seiner Politik enttäuscht war. Die genaue Ressortverteilung soll bis zur Angelobung am 23 Juli feststehen. Im Parlament mit seinen 250 Abgeordneten verfügt die Koalition mit 130Sitzen über eine knappe Mehrheit. Zentrale Aufgabe der neuen Regierung wird jedenfalls der Kampf gegen hohe Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise sein den Boris Tadic klar verloren hat.

Facebook Facebook