Tadics Sieg ist bestenfalls die "halbe Miete"
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Wiener Zeitung
Berichte Serbien
Die Spaltung Serbiens ist somit eine doppelte; politisch teilt sich die Elite in jene, die am Kosovo-Mythos festhalten, während der andere Teil der EU den Vorzug gibt. Zu ersten Gruppe gehören Tomislav Nikolic und Ministerpräsident Vojislav Kostunica. Während Nikolic aber noch am Wahlabend eine gewisse Bereitschaft signalisierte, auch mit der EU zusammen zuarbeiten,sind derartige Signale von Kostunica bisher nicht zu vernehmen gewesen. Boris Tadic hat gestern somit bestenfalls die „halbe Miete“ gewonnen; denn Kostunica kann mit den Ultranationalisten im Parlament den EU-Kurs weitgehend blockieren, so ferne das überhaupt notwendig sein sollte. Denn Ratko Mladic als „conditio sine qua non“ braucht von Kostunicas Innenminister und Geheimdienstchef nur nicht „gefunden“ werden, um die Unterzeichnung des Abkommens über Stabilisierung und Assoziation mit der EU mittelfristig zu verhindern. Serbien ist derzeit meilenweit von der EU entfernt ist, selbst wenn diese Woche das politische Interimsabkommen mit Brüssel unterzeichnet wird. Finden Kostunica und Tadic keinen gemeinsamen Nenner, so könnte das noch heuer zu vorgezogenen Parlamentswahlen führen.
Die zweite Spaltung, die Serbien durchzieht, betrifft Gewinner und Verlierer der Reformen. Die Dominanz von Tycoonen haben einen Art „Räuber-Kapitalismus“ entstehen lassen; Monopole und Oligopole und hohe Preise sind die Folge, der Aufschwung verläuft ungleichmäßig, ganze Regionen verarmen, Pensionisten und kinderreiche Familien haben schwer zu kämpfen. Diese Gruppen vertritt nur Nikolic, der versucht, die Ultranationalisten zu einer Art serbischen HDZ werden zu lassen, die in Kroatien diese Transformation geschafft hat. Das größte Hindernis dabei ist Nikolics Vorsitzender Vojislav Seselj, der sich vor dem Haager Tribunal verantworten muss. Diese Erblast kostete Nikolic wohl auch den Sieg, denn die Transformation der Ultranationalisten zu einer nationalkonservativen sozialen Protestpartei steht noch am Anfang. Doch nur wenn diese Umwandlung gelingt, kann Serbien ein dauerhaft politisch stabiler Staat werden.