Serbien wählt
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Um die beste Ausgangsposition für diese Stichwahl ringen der Vertreter der utranatio-nalistischen Radikalen Partei, Tomislav Nikolic, und der Vorsitzende der Demokrati-schen Partei, Boris Tadic. Alle Meinungsforscher sehen Nikolic vor Tadic, der aber für die Stichwahl über die größeren Wählerreserven verfügen könnte. Denn Nikolic hat als ehemaliger Koalitionspartner von Slobodan Milosevic vor allem im Westen ein sehr schlechtes Image, obwohl er im Wahlkampf sehr gemäßigte Töne angeschlagen hat. So ist Nikolic von der strikten Ablehnung einer Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal abgerückt und bejaht den Weg Serbiens Richtung EU, wobei er gleichzeitig auch eine stärkere wirtschaftliche Ausrichtung Serbiens nach Russland befürwortet. Im Unterschied zu Nikolic ist Boris Tadic eindeutig ein „Westler“, der Serbien so rasch wie möglich an die EU heranführen will. Trotz aller Unterschiede ist den beiden jedoch gemeinsam, dass sie Oppositionspolitiker sind.
Der Kandidat der Regierung, Dragan Marsicanin, kämpft dagegen auf verlorenem Posten. Er hat praktisch keine Chance in die Stichwahl zu kommen und muss nach seriösen Umfragen sogar um den dritten Platz zittern. Streitig macht ihm diesen Platz der Unternehmer Bogoljub Karic. Er war bereits vor Milosevic wohlhabend, hat es aber in dessen Ära wirklich zu großem Reichtum gebracht. Karic besitzt eine große Mobiltelefongesellschaft, einen Internetprovider, mehrere Firmen und eine populäre Fernsehstation. Karic hat sich im Wahlkampf als erfolgreicher Unternehmer präsentiert, der den Serben, die so dringend nötigen Arbeitsplätze schaffen kann. Dagegen führte Dragan Marsicanin, einen negativen, farblosen Wahlkampf, der seiner blassen Persönlichkeit entspricht. Hinzu kamen viele taktische Fehler, die die Wähler vertrieben, obwohl die Regierung nicht so schlecht ist wie ihr Ruf unter den Serben. Marsicanin dürfte am Sonntag nur die Hälfte der Stimmen bekommen, die seine Drei-Parteikoalition bei der Parlamentswahl im Dezember erreicht hat. Diese voraussichtlich klare Niederlage könnte die Regierung derart schwächen, dass es bereits im Herbst neuerlich zu Parlamentswahlen kommen könnte. Politisch stabile Verhältnisse, sind somit in Serbien weiterhin nicht in Sicht.