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Analyse zur Umwandlung Jugoslawiens

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien
Mit den Beschlüssen der Parlamente in Serbien und Montenegro und der Bildung der neuen Institutionen ist die Umwandlung Jugoslawiens noch nicht abgeschlossen und auch der Be-stand des neuen Staates noch nicht gesichert. Die zentrale Aufgabe der kommenden Monate wird die Harmonisierung der Volkswirtschaften der zwei ungleichen Partner sein. Sie ist die Vorbedingung Brüssels für die weitere Annäherung des neuen Staates an die EU. Doch der Beginn der Verhandlungen über eine Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen wird noch Monate auf sich warten lassen. Denn Angleichung der Zölle und Regelung des Zahlungsver-kehrs zwischen beiden Teilstaaten sind schwierig. Sehr unterschiedlich sind beide Volkswirt-schaften, Größenunterschiede und Prioritäten. In Serbien der Dinar das Zahlungsmittel, in Montenegro der Euro, Rechtssysteme und Reformgeschwindigkeit sind verschieden. Belasten wird die Harmonisierung die Bereitschaft ausländischer Firmen zu investieren. Denn bei In-vestoren spielt die Psychologie oft eine größere Rolle als die Realität; und die Realität ist, daß Montenegro nur fünf Prozent des gemeinsamen Marktes ausmacht und in Serbien für Inves-toren nicht Montenegro das Problem darstellt, sonder die Verzögerung der Reformen selbst. Dieser Umstand trifft nur beschränkt auf Montenegro zu; abschreckend für ausländische Fir-men wirkt hier viel eher die Kleinheit des Marktes (650.000 Einwohner) in Verbindung mit dem Beharren auf Selbständigkeit; größere und große Unternehmen sind daher zurückhaltend, sie wollen Montenegro entweder von Belgrad aus oder gar nicht betreuen.

Erfolg oder Scheitern der wirtschaftlichen Harmonisierung werden wohl auch entscheidend dafür sein, ob der neue Staat Bestand haben wird. Denn Montenegro und Serbien haben das Recht, in drei Jahren ein Referendum über die Unabhängigkeit durchzuführen. Ob es dazu kommt, ist derzeit nicht abschätzbar. Sicher ist jedoch, daß dieser Unsicherheitsfaktor eben-falls abschreckend auf Unternehmen wirkt. Gleichzeitig wurde mit der Bildung des neuen Staates aber Zeit gewonnen, um das letzte noch offenen staatsrechtliche Problem im ehema-ligen Jugoslawien zu lösen, den endgültigen Status des Kosovo. Sicher ist aber auch, daß mit der Umwandlung Jugoslawiens die Macht endgültig auf beide Teilstaaten übergeht. Das be-trifft auch die Streitkräfte, deren überfällige Reform nun endlich begonnen werden kann. Doch auch die innenpolitische Kräfteverhältnisse werden sich verschieben. Für Serbien heißt das, daß der Machtkampf zwischen Ministerpräsident Zoran Djindjic und dem jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica vorläufig zugunsten Djindjics entschieden ist. Kostunica wird sein Amt demnächst verlieren, nur mehr Führer der stärksten Oppositionspartei sein und nicht ein Mal über ein Abgeordnetenmandat verfügen. Gelingt es Djindjic, seine Koalition DOS und damit seine knappe Mehrheit im Parlament zusammenzuhalten, kann das beschleunigend auf die Reformen wirken. Serbien und Montenegro haben ihre Verfassungen an die des neuen Staates anzupassen; das dürfte bis Jahresende dauern und erst dann dürfte es in Serbien zur Wiederholung der gescheiterten Präsidentenwahl und zur Neuwahl des Parlaments kommen. Djindjic könnte somit sein Ziel einer vierjährigen Amtsperiode erreichen. Hinzu kommt, daß Djindjic und der montenegrinische Ministerpräsident Milo Djiukanovic im Parlament des neuen Staates die Mehrheit haben werden. Für Djukanovic wird aber auch das Regieren in Montenegro leichter. Zwar hat Djukanovic im Parlament in Podgorica bereits die absolute Mehrheit. Doch die pro-serbische Opposition Montenegros nun noch weiter geschwächt; sie wird nicht nur ihre Posten in der jugoslawischen Regierung verlieren; wegfallen wird auch die Parteienfinanzierung, die vor allem aus jugoslawischen Mitteln erfolgte. Die politischen Vor-aussetzungen für raschere Reformen werden daher mit der Umwandlung Jugoslawiens besser, weil nun klarere Mehrheitsverhältnisse herrschen. An Djindjic und Djukanovic liegt es nun, diese Chance zu nutzen und verstärkt ausländische Investoren zu gewinnen, die Serbien und Montenegro dringend brauchen.

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