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Del Ponte und der Rest

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien
Gegensätze ziehen sich offenbar an; das gilt offensichtlich auch für das Haager Tribunal und Slobodan Milosevic. So glich die „Informationspolitik“ des Tribunals über den Besuch von Chefanklägerin Karla del Ponte in Belgrad fast der Geheimniskrämerei der Ära Milosevic. Del Ponte traf jedenfalls den serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic, den jugoslawi-schen Außenminister Goran Svilanovic und den montenegrinischen Präsidenten Milo Djuka-novic. Über den konkreten Inhalt wurde nichts mitgeteilt, doch dürften die mutmaßlichen bosnisch-serbischen Kriegsverbrecher Ratko Mladic und Radovan Karadjic zur Sprache ge-kommen sein. Mladic soll in Serbien leben, das betonte jedenfalls del Ponte vor ihrem Besuch und behauptete sogar, sie wisse dessen Aufenthaltsort. Karadjic könnte beim Treffen mit Milo Djukanovic Thema gewesen sein, denn der frühere Serbenführer soll im montenegrinisch-bos-nischen Grenzgebiet untergetaucht sein. Verlangt haben dürfte del Ponte von Belgrad auch weitere Schlüsseldokumente aus der Ära Milosevic. Doch diese Spekulationen wurden bis Redaktionsschluß ebenso wenig bestätigt wie Gerüchte, der frühere serbische Geheimdienst-chef Rade Markovic sei bereits auf dem Weg nach Den Haag, um kommende Woche gegen Milosevic auszusagen.

Unklar ist auch die Lage in Serbien. So behaupten der gestürzte jugoslawische Generalstabs-chef Nebojsa Pavkovic und andere Generäle, der jugoslawische Präsident Vojilsav Kostunica habe von ihnen vor einem Jahr verlangt, mit einer Spezialeinheit in das Informationsbüro der serbischen Regierung einzudringen. Kostunica habe vermutet, daß er von dort aus abgehört werde. Diesen Vorwurf hat Jugoslawiens Präsi-dent schließlich dementiert, doch den Vorwurf der Telefonabhörung hat Kostunica in diesem Zusammenhang selbst erhoben. Diese Behaup-tung wiederum dementierte wiederum Zoran Djindjic. Licht ins Dunkel wird kaum zu bringen sein, denn beide Streitparteien könnten sich nicht auf einen gemeinsamen Untersuchungsaus-schuß einigen. Beide Vorwürfe werden bei der Kampagne für die Wahl des serbischen Präsi-denten verwendet werden. Als Wahltermin hat die dem Djindjic-Lager zu zurechnende Prä-sidentin des serbischen Parlaments den 29. September festgelegt. Das erschwert die Kandi-datur von Vojislav Kostunica; denn bis zu diesem Zeitpunkt werden die Verhandlungen um die Umwandlung Jugoslawiens in die „Union Serbien und Montenegro“ noch nicht abge-schlossen sein und Kostunica hat somit weniger Zeit für den Wahlkampf, sollte er wie er-wartet kandidieren. Seine Kandidatur bereits erklärt hat Miroljub Labus, der stellvertretende jugoslawische Regierungschef. Labus ist ein erklärter Reformer und ein Verbündeter von Zoran Djindjic. Das ist gleichzeitig Labus‘ größte Hypothek, denn Djindjic polarisiert und der Kampf gegen Kostunica um die weitere Orientierung Serbiens wird nicht leicht zu gewinnen sein.

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