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Wahl in Serbien gescheitert

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien
In Serbien ist auch die Wiederholung der Präsidentenwahl an zu geringer Wahlbeteiligung gescheitert. Statt der gesetzlich vorgeschrieben 50 Prozent plus eine Stimme gingen nach seriösen Hochrechnungen nur 45 der Stimmberechtigten zur Wahl. Somit kommt es gar nicht zu einer Stichwahl zwischen den erfolgreichsten Kandidaten Vojislav Kostunica und Vojislav Seselj; vielmehr muß die Wahl binnen 60 Tagen von der Präsidentin des Parlaments neu aus-geschrieben werden. Ob und in welcher Weise das geschehen wird, ist jedoch offen; denn bis zum Ablauf dieser Frist sollte die Umwandlung Jugoslawiens in die Union Serbien und Montenegro abgeschlossen sein, weil das Verfassungsdokument vor wenigen Tagen fertig gestellt worden ist; das heißt, daß dann auch die Verfassungen Serbiens und Montenegros an die des neuen Staates angepaßt werden müssen. Doch in beiden Teilstaaten sind die politi-schen Lager derart gespalten, daß eine rasche Änderung der Verfassungen nicht zu erwarten ist. Daher ist es wahrscheinlicher, daß es in Serbien zu einer weiteren Wahlwiederholung kommen wird. Derzeit wahrscheinlich ist, daß auch diese Wahl wieder an der Wahlbetei-ligung scheitern dürfte, denn das Scheitern der gestrigen Wahl macht einen Kompromiß zwischen den beiden wichtigsten serbischen Politikern, Vojislav Kostunica und Zoran Djindjic noch unwahrscheinlicher. Djindjic hat die Präsidentenwahl boykottiert. Dieser Boykott, ein restriktives Wahlgesetz und veraltete Wählerlisten mit vielen „toten Seelen“ haben zum Scheitern geführt. Besonders kritisiert hat Kostunica die Wählerlisten; wären sie einigermaßen genau, wären die Wahlen nicht an der Beteiligung gescheitert. Kostunica hat bereits angekündigt, daß für ihn nun der Sturz der Regierung Djindjic und vorgezogene Parlamentswahlen in Serbien Priorität haben. Ob dieses Vorhaben gelingt, hängt davon ab, ob Djindjic seine immer brüchiger werdende Parlamentsmehrheit weiter behaupten kann. Eine erste Bewährungs-probe steht der Regierung schon am Dienstag bevor, wenn über den Budgetabschluß für 2001 und über ein Nachtrags-budget für 2002 abgestimmt werden muß. Die politischen Spannungen in Serbien werden zweifelos zunehmen und die Lage wird unsicherer werden. Sicher ist nur, daß die serbische Parlamentspräsidentin ab 5. Jänner auch amtsführende Präsidentin Serbiens sein wird. An diesem Tag endet das Mandat von Milan Milutinovic, der sich als ehemaliger Milosevic-Gefolgsmann wohl auf den Gang nach Den Haag vorbereiten muß. Denn auch Milutinovic ist vom Tribunal wegen Kriegsverbrechen angeklagt.
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