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Wieder Wahlkampf in Serbien

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien
In Serbien hat der Wahlkampf für das Amt des Präsidenten begonnen. Bei der Wahl am achten Dezember müssen die Serben bereits zum dritten Mal binnen zwei Monaten abstimmen. Denn die Stichwahl um das Präsidentenamt ist Mitte Oktober gescheitert, weil die vorgeschriebene Wahlbeteiligung von mehr als 50 Prozent nicht erreicht wurde. Das Parlament hat diese Bestimmung unterdessen gestrichen, doch ist für die Gültigkeit des ersten Wahlgangs dieses Quorum nach wie vor erforderlich. Bei der ersten Runde der gescheiterten Wahl Ende Septem-ber lag die Wahlbeteiligung trotz 11 Kandidaten bei nur 55 Prozent. Am achten Dezember dürften weit weniger Kandidaten antreten; daher ist es keineswegs sicher, ob das Quorum erreicht und damit die Wahl gültig sein wird. Diese Frage wird vor allem vom Verhalten der Allianz DOS unter Führung von Ministerprä-sident Zoran Djindjic und vom jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica abhängen. Noch ist unklar, ob DOS einen Kandidaten ins Rennen schickt und welche Wahlkampfstrategie Kostunica wählen wird, der die gescheiterte Stich-wahl klar gewonnen hätte. Sein unterlegener DOS-Gegenkandidat Miroljub Labus wird nicht wieder antreten. Er bekam eine Million Stimmen im ersten Durchgang. Ob diese Wähler für einen anderen weit weniger zugkräftigen DOS-Politiker zu mobilisieren sein werden ist fraglich. Nicht ausgeschlossen ist da-her, daß DOS Vojislav Kostunica unterstützt, wenn dessen Burgfrieden mit Zoran Djindjic hält. Doch Kostunica hat im Wahlkampf gerade Djindjic massiv angegriffen. Sollte er nun dessen Politik unterstützen, besteht die Gefahr, daß Kostunica unzufriedene Wähler an den Untranationalisten Vojislav Seselj ver-liert. Seselj bekam Ende September knapp 23 Prozent der Stimmen und hat dieses Mal gute Chancen, in die Stichwahl zu kommen. Er ist in Serbien wieder zu einem politische Faktor geworden. Dieser Umstand hat auch zum Burgfrie-den zwischen Kostunica und Djindjic geführt, der jedoch brüchig ist und spät erreicht wurde Die für Anfang November geplante Aufnahme Jugoslawiens in den Europarat ist gescheitert. Belgrads schleppende Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal ist ein Grund dafür. Hinzu kommt, daß die staatsnahe Firma Jugoimport illegal Waffen in den Irak geliefert hat, eine Affäre, die das Verhält-nis zum Westen zusätzlich belastet. Doch auch die Verhandlungen über die Um-wandlung Jugoslawiens in die lose Union Serbien und Montenegro sind noch nicht abgeschlossen. Eine Einigung über die neue Verfassung noch nicht erzielt werden, obwohl unter EU-Vermittlung schon Mitte März eine politische Grund-satzvereinbarung geschlossen wurde. Umstritten ist vor allem, ob die Abgeord-neten des gemeinsamen Parlaments direkt gewählt oder von den Parlamenten Montenegros und Serbiens entsandt werden. Kostunica ist für die Direktwahl, Montenegros Präsident Milo Djukanovic ist dagegen. Sein Einlenken ist un-ahrscheinlich, denn Djukanovic hat bei der Parlamentswahl Ende Oktober die absolute Mehrheit gewonnen. Er will die Zeit des dreijährigen Verzichts auf die Loslösung nutzen, um Montenegro reif für die Unabhängigkeit zu machen. Djukanovic wird daher auch das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen, der weit mächtiger als der Präsident ist. Zoran Djindjic ist zum Ausgleich mit Djukanovic bereit, um den teuren Bundesstaat endlich reformieren zu können, der von Serbien finanziert wird. Dieser Ausgleich ist bisher aber an Widerstand Kostunicas gescheitert; er ist gegen eine derart lose Union und wird wohl erst einlenken, wenn er als Ersatz für sein bisheriges Amt serbischer Präsident ge-orden ist.
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