Widerspenstiger Ratko Mladic vor dem Richter
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Berichte Serbien
Als Ratko Mladic Anfang Juni erstmals vor dem Tribunal erschien, erbat er mehr Zeit, um Verteidiger benennen und sich in die Anklage einlesen zu können. Einen Monate später steht Mladic noch immer ohne Verteidiger da; der bosnische Serbe, der unter anderem wegen Völkermordes angeklagt ist, will zwei Anwälte, einen Serben und einen Russen. Deren Qualifikation prüft derzeit offensichtlich das Tribunal; bis zu einer Entscheidung will Mladic seinen Pflichtverteidiger nicht mehr akzeptieren. Diese prozeduralen Fragen führten zur Auseinandersetzung mit dem vorsitzenden Richter Alphons Orie, der Mladic ermahnte:
„Wir diskutieren nicht; ich weise sie an, mich nicht mehr zu unterbrechen und zu warten, bis ich Ihnen die Gelegenheit gebe, zu sprechen.“
Orie lehnte eine weitere Vertagung ab und forderte Mladic auf, sich zur Schuldfrage zu äußern. Doch Ja oder Nein wollte Mladic ohne eigene Verteidiger nicht sagen; als Zeichen des Protests nahm er die Kopfhörer ab; auch Richter Alphonse Orie reichte es und er verwies Mladic des Saales:
„Could security please escort Mr. Mladic out of the courtroom?”
Mladic reagierte empört:
„Sie verweigern mir das Recht, dass ich mich verteidige, sie geben mir keinen Anwalt. Sie sind kein Gericht, was sind sie, nicht einmal atmen darf ich.“
Dann endeten zunächst Bild und Ton. Schließlich stellte Richter Orie von Amtswegen fest, dass sich Mladic als nicht schuldig bekannt habe. Diese Geplänkel dürfte ein Vorgeschmack auf das kommende Hauptverfahren sein. Denn Mladic geht es nicht um das Gericht, sondern um seine Opferrolle, die er dem serbischen Fernsehkonsumenten vermitteln will. Dank der Ärzte des Tribunals gesundheitlich deutlich besser beisammen als bei seinem ersten Auftritt, wird Ratko Mladic von seinen Mithäftlingen wohl ausreichend Tipps bekommen, um den Richtern das Leben so schwer wie möglich zu machen.