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Neue Details zu Mladics Verhaftung und zu seiner Flucht

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Berichte Serbien
In Belgrad soll in diesen Stunden im Sondergericht für Kriegsverbrechen die Einvernahme von Ratko Mladic fortgesetzt werden. Seine Vernehmung wurde gestern Abend vom Richter abgebrochen, weil der Gesundheitszustand des 69-jährigen Mladic schlecht sein soll. Verhaftet wurde Mladic gestern Früh im Dorf Lazarevo, 80 Kilometer von Belgrad entfernt. In Serbien war die Verhaftung natürlich das mediale Topthema; obwohl Mladic vielen Serben noch als Held gilt, kam es nur in Novi Sad zum Versuch ernsthafterer Ausschreitungen durch vor allem jugendliche Randalierer, die von der Polizei jedoch verhindert wurden. Über neue Details zur Verhaftung und zur jahrelangen Flucht berichtet aus Belgrad unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Bis zu zwei Wochen soll sich Ratko Mladic bereits bei seinem Verwandten im Dorf Lazarevo aufgehalten haben, verlautete heute in verschiedenen serbischen und kroatischen Medien unter Berufung auf Polizei und Geheimdienst. Bei seiner Verhaftung hatte er zwei Pistolen bei sich, doch der Zugriff erfolgte so schnell, dass Mladic keinen Widerstand leisten konnte. Zum Verhängnis geworden sein soll Mladic sein auffälliger Siegelring, den er auch in der Kriegszeit ständig trug. Durch diesen Ring identifizierte ein Polizeispitzel Ratko Mladic, dessen Aussehen sich in den Jahren der Flucht doch verändert hatte. Zwar wurden noch keine aussagekräftigen Fotografien veröffentlicht, doch Ermittler beschreiben Mladic als weit magerer, ziemlich gealtert und fast ohne Haare. Durch einen Schlaganfall soll seine rechte Hand weitgehend gelähmt sein. Im Dorf Lazarevo benutzte Mladic den Namen Milorad Komadic; falsche Papiere auf diesen Namen besaß Mladic jedoch nicht, betont der serbische Innenminister Ivica Dacic:

„Ratko Mladic hat sich überhaupt nicht als andere Person ausgegeben. Er hatte einen Personalausweis auf seinen richtigen Namen, der aber abgelaufen war. Außerdem hatte er einen Militärausweis, der ebenfalls auf seinen Namen lautete.“

Umso dringender stellt sich damit die Frage, warum sich Mladic so lange verstecken konnte. Die Tageszeitung Blic zitiert heute einen namentlich nicht genannten Studenten; er behauptet, mit Mladic im Sommer 201 einige Zeit auf einer Baustelle in der Stadt Zrenjanin in der Vojodina gearbeitet zu haben. Offen ist, wie sich diese Darstellung mit Mladics schlechtem Gesundheitszustand verträgt, der natürlich erst später eingetreten sein könnte. In der Darstellung seiner Flucht klafft eine große Lücke für die Zeit von 2006 bis 2011. Im Februar 2006 versäumte Serbien warum auch immer seine Verhaftung. Mladics richtige Flucht begann erst nach dem Sturz von Slobodan Milosevic im Oktober 2001. Bis Juni 2002 wurde er noch von den Streitkräften geschützt und untergebracht, doch dann wurde der politische Druck zu groß. Anschließend lebte er einige Jahre in Wohnungen, die ihm Helfershelfer beschafften. Diese Gruppe wurde 2006 zerschlagen; Mladic wurde auch immer mehr von Geldquellen abgeschnitten und bei der gestrigen Verhaftung war von seinen einst bis zu 50 Leibwächtern keiner mehr übrig geblieben.

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