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Serbien und die Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal

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Berichte Serbien
„Richtung EU - Bitte warten“ – heißt es für Serbien seit mehr als einem Jahr. Grund dafür ist, dass die Niederlande weiter jede Annäherung an die EU blockieren, solange der mutmaßliche Kriegsverbrecher Ratko Mladic nicht verhaftet und an das Haager Tribunal ausgeliefert ist. Daher liegt das von Belgrad und Brüssel unterzeichnete Abkommen über Stabilisierung und Assoziierung seit mehr als einen Jahr auf dem Eis. Mit ihrer Blockadepolitik stehen die Niederlande in der EU allen da, trotzdem ist kein Einlenken in sich, obwohl Serbien sogar Radovan Karadzic vor einem Jahr ausgeliefert hat. Karadzic und Maldic werden für das Massaker an 8.000 Bosnjaken in Srebrenica verantwortlich gemacht. Serbien fühlt sich jedenfalls unfair behandelt und verweist auf die intensive Zusammenarbeit mit dem Tribunal, über die unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz nun berichtet:

Die Zusammenarbeit zwischen Belgrad und Den Haag beschränkt sich keineswegs auf die Fahndung nach mutmaßlichen Kriegsverbrechern. Dies zeigen die Forderungen, die Belgrad auf Verlangen des Tribunals erfüllt hat. Mehr als hunderttausend Seiten an Dokumenten hat Serbien übergeben, mehr als 550 Zeugen von der Verschwiegenheitspflicht befreit, und 44 Angeklagte ausgeliefert; neben Slobodan Milosevic zählten dazu zehn Generäle aus Polizei und Streitkräften, betont in Belgrad Rasim Lajic. Lajic leiten den Ausschuss der Regierung für die Zusammenarbeit mit dem Tribunal, in dem alle relevanten Ministerien vertreten sind. Trotz all dieser Zeichen des guten Willens habe Den Haag Serbien lange misstraut; das sei erst mit der Auslieferung von Radovan Karadzic wirklich anders geworden, sagt Rasim Laijc:

„Bis dahin glaubte das Tribunal nicht an die Bereitschaft und den Willen Serbiens, alle übrigen Angeklagten auszuliefern. Immer gab es irgendeine offene oder indirekte Anklage, dass Serbien damit einen politischen Kuhhandel betreiben will. Diese Einschätzung wurde in großem Ausmaß neutralisiert, nachdem Radovan Karadzic ausgeliefert worden war.“

Eine echte Hilfe bei der Verhaftung von Karadzic dürften aber weder Tribunal noch ausländische Geheimdienste und Polizeibehörden gewesen sein. Dazu sagt Rasim Lajic:

„Nur zwei Verhaftungen gehen auf Hinweise zurück, die wir aus dem Ausland bekamen; alle übrigen Verhaftungen waren das Ergebnis der operativen Arbeit unserer Sicherheitsdienste und unserer staatlichen Organe. Wir hatten viele Hinweise von außen, die unsere Aufmerksamkeit abgelenkt und viele Ressourcen gebunden haben. So mussten wir Suchaktionen durchführen, obwohl wir von Beginn an wussten, dass sie ergebnislos sein würden. Trotzdem mussten wir handeln, weil wir wussten, dass wir unter Beobachtung standen und uns nicht vertraut wurde.“

Radovan Karadzic lebte in Belgrad viele Jahre als Wunderheiler unter dem Namen Dr. Dabic. Gerüchte besagen, dass seine Tarnung aufflog, weil einer seiner Verwandten mit Dr. Dabic telefonierte. Das Gespräch wurde abgehört, und das soll Karadzics Ende eingeleitet haben. Dazu sagt Rasim Lajic:

„Aus verständlichen Gründen kann ich nicht darüber sprechen, wie wir Radovan Karadzic gefunden haben; doch soviel kann ich sagen, dass er gefunden wurde, weil jemand in dieser Kette einen Fehler gemacht hat. Dieser Fehler wurde genutzt, um ihn aufzuspüren.“

Diesen Fehler hat Ratko Mladic bisher offensichtlich nicht begangen; zum Wissensstand über den Verbleib von Mladic sagt Rasim Lajic:

„Mit 1.Juni 2002 verlässt er das letzt militärische Objekt. Seine Spießgesellen bringen in dann in Wohnungen in Neubelgrad unter. Insgesamt hat er sieben Wohnungen gewechselt. So versteckt er sich in Neubelgrad bis Dezember 2005. Die letzten Daten haben wir aus dem Februar 2006, doch dann verliert sich jede Spur, und diesen Faden versuchen wir nun auf der Fahndung nach Mladic aufzugreifen. Leider sind wir zu all diesen Angaben mit Verspätung gekommen. Jetzt haben wir eine Rekonstruktion dieser Bewegungen vorgenommen, darüber besteht keinerlei Geheimnis.“

Sicher ist sich Lajic, dass Mladic nun aus Gründen der Tarnung nur mehr sehr wenige Leibwächter um sich hat. Kein Geheimnis ist es auch, dass das Haager Tribunal weder in Serbien noch in einem anderen Nachfolgestaat des alten Jugoslawien populär ist. Daher sieht Lajic in den Urteilen des Tribunals auch keinen Beitrag zur Aussöhnung im ehemaligen Jugoslawien, die noch sehr lange auf sich warten lassen werde.

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