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Serbien: Instabilität als Reformprinzip

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Berichte Serbien
In Serbien tag derzeit die Regierung. Beschlossen werden soll das Ende der Vier-Parteien-Koalition unter Ministerpräsident Vojislav Kostunica. Außerdem wird das Kabinett Staatspräsident Boris Tadic vorschlagen, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen für den 11. Mai auszuschreiben. An diesem Tag finden in Serbien auch Lokal- und Regionalwahlen statt. Zerbrochen ist die Regierung am Streit über die Frage, ob Serbien auch nach der Unabhängigkeit des Kosovo weiter auf EU-Kurs bleiben soll. Die Ursachen des Scheiterns der Regierung und die möglichen Folgen für Serbien analysiert nun unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

In Serbien war das Kabinett Kostunica II nur zehn Monate im Amt. Zu seinem Sturz führte der Gegensatz in der Frage der Außenpolitik. Für Kostunica lautet die Priorität Kosovo, für Präsident Boris Tadic und seine DS und für die Wirtschaftspartei G17-Plus steht die EU an erster Stelle. Nicht mehr zu überbrücken war der Konflikt als die Kosovo-Albaner Mitte Februar die Unabhängigkeit erklärten, die immer mehr EU-Staaten anerkennen. Daher verkündete Kostunica das Ende der Koalition; denn noch kann er damit rechnen, bei den Wahlen im Mai wegen des Kosovo-Schocks einigermaßen abzuschneiden; das Amt des Regierungschefs geht zwar verloren, doch die Rolle des Züngleins an der Waage könnte er noch spielen.

Fortsetzen wird sich in Serbien der Trend zu zwei großen Lagern, den bereits die Präsidentenwahl gezeigt hat. Tadic und den Nationalisten Tomislav Nikolic trennten nur 100.000 Stimmen; bei der Parlamentswahl könnte Nikolic die besseren Karten haben. Er verfügt über die kompaktere Wählerschaft und das konsistentere Programm, wird aber einen Koalitionspartner brauchen; dies könnten die Milosevic-Sozialisten oder Kostunica sein. Nikolics Manko ist das ultranationalistische Image aus den 90iger-Jahren und der Mangel an Perspektive, der mit seiner Ablehnungen eines EU-Kurses verbunden ist.

Doch auch Tadic hat seine Probleme. Er hat in seiner Wählerschaft mit G17-Plus den Liberalen und den Parteien der nationalen Minderheiten mehrere Konkurrenten. Marschieren diese Gruppen getrennt, dürften sie getrennt geschlagen werden. Daher könnte es zu Wahlkoalitionen kommen, wenn Machthunger und Eifersüchteleien überwunden werden. Im Wahlkampf um das Amt des Präsidenten versprach Tadic, Serbien in die EU zu führen und den Kosovo zu verteidigen. Der Kosovo ist unabhängig, und die EU-Integration liegt auf Eis. Wie glaubwürdig seine Perspektive ist, ist derzeit ebenso offen wie die Frage, wer schließlich die Nase vorne haben wir, denn auch das Abschneiden der Kleinparteien wird dabei eine Rolle spielen. Möglich ist daher, dass Serbien auch nach der Wahl keine stabile Regierung mit klarer Reformstrategie bekommt. Das wäre das schlimmste Resultat, Kostunicas Kabinett war nur 10 Monate im Amt, und politische Agonie und Instabilität prägten auch die übrigen sieben Jahren der Transition, die daher viel zu langsam verläuft.

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