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EU nimmt Verhandlungen mit Serbien wieder auf

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Berichte Serbien
In Brüssel werden heute die Verhandlungen mit Serbien über einer EU-Annäherung wieder aufgenommen. Die EU hat diese Gespräche über ein so genanntes Assoziations- und Stabilisierungsabkommen im Mai des Vorjahres ausgesetzt; Grund dafür war, dass Serbien den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic nicht an das Haager Tribunal ausgeliefert hat. Zwar ist Mladic noch immer in Freiheit; doch Serbien hat seit Mitte Mai eine neue Regierung, in der die Reformkräfte stärker vertreten sind als bisher. Außerdem hat Belgrad auch gegenüber dem Haager Tribunal Zeichen gesetzt, die aus Brüsseler Sicht eine Wiederaufnahme der Verhandlungen gerechtfertigt haben, berichtet aus Belgrad unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

In vielen EU-Staaten bestand bereits seit Monaten der Wunsch, die Gespräche mit Serbien so rasch wie möglich wieder aufzunehmen. Belgrad sollte damit auch der drohende endgültige Verlust der albanisch dominierten Provinz Kosovo leichter fallen, hofften jedenfalls einige EU-Mitglieder. Doch ohne klares Zeichen in Richtung Haager Tribunal kam eine Wiederaufnahme nicht in Frage. Dieses Zeichen setzte Serbien Anfang Juni mit der Auslieferung von Zdravko Tolimir. Der 59-jährige Ex-General der bosnischen Serben war nach Ratko Mladic und Radovan Karadjic der meistgesuchte mutmaßliche Kriegsverbrecher. Brüssel reagierte postwendend, gab grünes Licht und die Gespräche über die EU-Annäherung werden heute fortgesetzt. Konkret geht es um das SAA, das Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen. Sein Abschluss bildet die Voraussetzung dafür, dass Serbien den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten und später Beitrittsgespräche aufnehmen kann. Nach Angaben aus Belgrad sind 80 Prozent des Abkommens ausverhandelt. Offen sind die Kapitel Justiz und Inneres sowie Institutionen; zu verhandeln gilt es auch über Annexe und Protokolle sowie über die Listen für die Liberalisierung des Handels mit Industrie- und Landwirtschaftsgütern. Dabei wird Serbien wohl auf möglichst lange Fristen drängen, weil es bestrebt ist, seine Bauern und seine Lebensmittelproduktion zu schützen, die von Tycoonen kontrolliert wird. Trotzdem hofft Belgrad bis Ende Juli die Verhandlungen abschließen und bis Jahresende das SAA unterzeichnen zu können. Doch der Abschluss dürfte ohne Auslieferung von Ratko Mladic kaum möglich sein. Ob es dazu kommt, bleibt abzuwarten. Durch die mangelhafte Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal hat Serbien schon viel Zeit verloren. So begannen die Gespräche mit der EU im Oktober 2005, also vor fast zwei Jahren. Damals bestand noch der Staatenbund mit Montenegro, das seit einem Jahr unabhängig ist und die SAA-Verhandlungen mit der EU bereits abgeschlossen hat. Neben Bosnien ist Serbien somit das letzte Land des Balkan, das dieses Ziel bisher noch nicht erreicht hat und auf dem Weg Richtung EU weit zurückgeblieben ist.

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