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Kirchenfragen bei den Kosovo-Gesprächen

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Berichte Serbien
In Wien wird derzeit wieder unter Vermittlung der UNO zwischen Serben und Albanern über eine Lösung für die Provinz Kosovo verhandelt. Ausgeklammert bleibt dabei nach wie vor der Status der Provinz, weil die Vorstellungen grundverschieden sind. Die Albaner wollen die Unabhängigkeit, die Serben sind dagegen. Doch auch konkrete Probleme, wie etwa die Fragen der Minderheitenrechte stehen unter keinen guten Stern. So weigern sich die Kosovo-Serben an Gesprächen über diese Frage teilzunehmen. Denn der Kosovo sei Teil Serbiens und im eigenen Land könne man keine Minderheit sein. Verhandelt wurde in Wien auch bereits über Dezentralisierung und den Schutz serbischer Kirchen und Klöster. Während bei der Dezentralisierung in technischen Fragen wohl die größten Fortschritte erzielt wurden, wäre eine Einigung beim Schutz kirchlicher Güter wohl am leichtesten möglich, sollte der politische Wille dazu vorhanden sein. Unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz hat im Kosovo ein Kloster besucht und folgenden Bericht über die Lage vor Ort sowie über den Stand der Wiener Verhandlungen gestaltet.

Das Dorf Zociste ist der brisanteste Punkt im Einsatzraum der österreichischen KFOR-Soldaten im Kosovo. Grund dafür ist das orthodoxe Kloster, das an der Einfahrtsstraße über dem Dorf liegt; es wird von Österreichern, Deutschen und Schweizern bewacht. Das Lager der KFOR liegt neben dem Kloster, die Zufahrt ist durch Stacheldraht blockiert. Urkundlich zum ersten Mal im 14. Jahrhundert erwähnt, wurde das Kloster im September 1999 – drei Monate nach Kriegsende – von albanischen Extremisten gesprengt. Die Mönche und die 200 Serben des Dorfes waren schon zuvor geflohen. Zurück blieben 1400 albanische Bewohner und ein weitgehend zerstörtes Kloster. In den wenigen erneuerten Gebäuden leben derzeit vier Mönche. Ihre Rückkehr begann vor 18 Monaten. Einer der Mönche ist Vater Jovan. Zum Wiederaufbau sagt Jovan:

„Bis jetzt konnten wir nur einen kleineren Teil der Nebengebäude erneuern, in denen wir vier Mönche auch leben. Doch die Kirche konnten wir noch nicht wieder aufbauen. Das ist die Priorität in diesem Jahr, damit sich unser Leben so weit wie möglich normalisieren kann. Was die Nebengebäude betrifft, so hängt das davon ab, wann die Umstände eine Erneuerung zulassen.“

Jede bauliche Maßnahme muss die KFOR genehmigen. Genau geregelt ist auch, was die Mönche dürfen und was nicht; so ist ihnen etwa das Läuten der Glocke verboten. Warum erläutert Jovan so:

„Die Bewohner von Zociste betrachten das Läuten der Glocke als eine Provokation, obwohl der Klang nicht besonders laut ist. Ich glaube, die Glocke hört man überhaupt nur bis zum ersten Haus des Dorfes. Doch auf diese Weise zeigen sie, dass sie mit uns nicht zusammenarbeiten wollen.“

Doch ganz so einfach ist die Sache nicht; so haben die Albaner der Rückkehr der Mönche ebenso zugestimmt, wie dem Wiederaufbau von mehr als 30 Häuser für potentielle Serben-Rückkehrer. Hinzu kommt, dass so manche Albaner das Kloster als Pilgerstätte nutzen. Doch das Kloster wird auch beschuldigt, während des Krieges als Waffenlager gedient zu haben. Dieser Vorwurf lässt sich weder bestätigen noch entkräften. Das Misstrauen sitzt jedenfalls tief; zum Widerstand gegen das Läuten der Glocke sagt der Gemeindevorsteher von Zociste, Bujqit Vreshtek:

„Es ist nicht logisch, dass sie jetzt die Glocke läuten, wenn es derzeit keine Serben im Dorf gibt. Wenn Serben zurück sind, können sie wieder läuten. Denn das Läuten kann man im ganzen Ort und auch in den Nachbardörfern hören. Wir haben Hinweise, dass die Serben das Kloster als militärisches Arsenal genutzt haben. Deswegen sind wir der Meinung, dass derzeit nicht geläutet werden soll.“

Trotz der Vorbehalte ist die Lage in Zociste eher stabil; an anderen Orten des Kosovo werden jedoch immer wieder Kirchen geschändet. 150 waren es nach Angaben der Orthodoxie seit 1999. Der Schutz der Kirchen zählte daher zu den ersten Kapiteln bei den Kosovo-Verhandlungen in Wien. Dabei kam es durchaus zu Fortschritten. Vereinbart wurde, dass die KFOR die Klöster weiter schützen wird. Der Wiederaufbau wird gefördert, außerdem wird eine Pufferzone um die wichtigsten Objekte errichtet. Ihre Größe und ihre Zahl sind noch umstritten. Gescheitert ist eine Einigung jedoch an der Forderung Belgrads, den Kirchen müsse das Eigentum zur Hälfte sofort zurückgegeben werden, das im Tito-Kommunismus nach 1945 enteignet wurde. Diese Forderung wirkt zweifelhaft, weil in Serbien selbst die Restitution noch nicht begonnen hat. Internationale Beobachter sehen diese Bedingung als Vorwand; ihrer Ansicht nach ist Belgrad gar nicht an Lösungen interessiert; denn in diesem Falle würde es schließlich zur Klärung der Status-Frage kommen können, die nur eine Unabhängigkeit des Kosovo bringen kann. Daher dürften die Gespräche in Wien weiter ohne konkrete Ergebnisse bleiben; sie hätte dann der UNO-Sicherheitsrat festzulegen, wenn sich dessen führende Mitglieder auf eine dauerhafte Lösung für den Kosovo – und damit auch für dessen Kirchen und Klöster – einigen können.

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