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Verwirrspiel um Ratko Mladic

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Berichte Serbien
In Belgrad sind am gestern Nachmittag Gerüchte aufgetaucht, wonach der mutmaßliche Kriegsverbrecher Ratko Mladic verhaftet worden ist. Eine Bestätigung dafür, gibt es nicht; im Gegenteil Regierung und Haager Tribunal haben ausdrücklich dementiert, dass der ehemalige General der bosnischen Serben verhaftet worden sei. Trotzdem halten sich in Belgrad hartnäckig Gerüchte, der Unterschlupf des Generals sei gefunden worden Mladic ist seit mehr als 10 Jahren auf der Flucht. Der ehemalige General der bosnischen Serben soll für das Massaker in Srebrenica verantwortlich sein, dem 8.000 Bosnjaken zum Opfer fielen. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz

Zwischen journalistischer Ente und politischer Sensation bewegt sich derzeit die Verwirrung um die vermeintliche Verhaftung des mutmaßlichen bosnisch-serbischen Kriegsverbrechers Ratko Mladic. So zitieren serbische Medien anonyme Quellen aus Polizei und Geheimdienst, wonach der Aufenthaltsort des flüchtigen Generals entdeckt worden sei. Genannt wird dabei ein Bergmassiv 100 Kilometer westlich von Belgrad im Grenzgebiet zu Bosnien. Bereits vor einigen Tagen hatten deutsche Medien Gerüchte wieder aufgewärmt, Mladic sei bereit, sich dem Haager Tribunal zu stellen, fordere aber im Gegenzug fünf Millionen Euro für seine Familie und seine Leibwächter. Zu den vielen Gerüchten in Belgrad zählt auch die Version, Mladic sei in Serbien verhaftet worden, solle aber nach Bosnien gebracht werden, um dort offiziell festgenommen zu werden. Damit wolle die Regierung in Belgrad dem Vorwurf begegnen, sie habe permanent gelogen, weil sie seit Jahren Mladics Aufenthaltsort gekannt habe. Dass im Falle Mladic massiv gelogen wurde, ist eine Tatsache. So war der General erwiesenermaßen bis zum Jahre 2002 in Serbien, ein Umstand, den Belgrad stets bestritten hat. Daher ist das Misstrauen in Dementis aller Art so groß, zumal auch das Haager Tribunal Verhaftungen in der Regel erst sehr spät bestätigt. Dementiert haben gestern Abend jedenfalls serbische Regierung und Den Haag alle Angaben, wonach Mladic gefasst oder eine Aktion im Laufen sei, Mladic festzunehmen. Dass Misstrauen der Medien in Serbien und Bosnien ist dadurch aber nicht kleiner geworden; groß ist dagegen die Gier nach Sensationen, denn Berichte über Mladic steigern die Auflage, wie fragwürdig sie auch sein mögen. Trotzdem besteht ein realer Hintergrund für all diese Gerüchte. So hat die serbische Regierung jüngst tatsächlich mutmaßliche Helfershelfer von Mladic verhaftet. Dazu zählen Offiziere, die für seinen persönlichen Schutz verantwortlich waren. Ziel ist es, das Netzwerk zu zerschlagen, das die bereits mehr als zehn Jahre dauernde Flucht des Generals ermöglicht und wohl auch finanziert. Denn der politische Druck auf Belgrad ist enorm, den Fall Mladic zu lösen. Geschieht dies nicht bis ersten März, könnten die Verhandlungen mit Brüssel über eine EU-Annäherung ausgesetzt werden. Außerdem würde sich die Lösung des Falles Mladic wohl positiv auf das Gesprächsklima bei den Verhandlungen über den endgültigen Status des Kosovo auswirken. Die erste Runde dieser Gespräche ist gestern in Wien zu ende gegangen. Daher hat man in Belgrad spekuliert, die Regierung werde Mladic jetzt ausliefern, um international für sich Stimmung zu machen; übersehen wird dabei, dass auch bei einer vollständigen Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal Serbiens Chancen gering sind, die von den Albanern geforderte Unabhängigkeit des Kosovo zu verhindern.

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