Slobodan Milosevic bekommt Besuch
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Berichte Serbien
Nach der Auslieferung von Slobodan Milosevic an das Haager Tribunal Ende Juni 2001 musste dessen Familie zunächst ein weit verstreutes Dasein führen. Sohn Marko hatte sich schon unmittelbar nach der Oktober-Revolution des Jahres 2000 mit einem gefälschten Pass nach Moskau abgesetzt, wo sein Onkel und früherer jugoslawischer Botschafter Borislav Milosevic nach wie vor lebt. Tochter Marija, die offenbar ein gespanntes Verhältnis zum Rest der Familie hat, übersiedelte nach Montenegro, und so blieb zunächst nur Ehefrau Mira in Serbien zurück. Sie setzte sich im Februar 2003 ebenfalls nach Moskau ab, weil ihr wegen einer Anklage wegen Amtsmissbrauchs in Serbien eine Verhaftung drohte. Mira wurde formell mit internationalem Haftbefehl gesucht. Gleiches galt für Sohn Marko; gegen ihn lief seit November 2000 ein Verfahren, weil er einen politischen Gegner in seiner Heimatstadt Pozarevac mit einer laufenden Motorsäge bedroht haben soll. Ebenso halbherzig wie nach Mira und Marko gesucht wurde, wurden die Verfahren gegen beide betrieben. So wurde Marko erst im Juni 2004 in Abwesenheit in Pozarevac zu sechs Monaten Haft verurteilt. Doch mittlerweile hatte sich der politische Wind in Serbien zu drehen begonnen. In Belgrad regierte bereits Vojislav Kostunica, dessen Minderheitsregierung im Parlament auf die Unterstützung der Milosevic-Sozialisten angewiesen ist. Auf den politischen Klimawechsel reagierte auch die Justiz, die das Urteil gegen Marko Milosevic im Jänner dieses Jahres aufhob. Unter zweifelhafter Begründung wurde im Mai auch der Haftbefehl gegen Mira Markovic aufgehoben; Anfang August stellte die Justiz das Verfahren gegen Marko ein, weil der Kläger seine Aussage angeblich entschärft hatte. Gerüchte wollen nicht verstummen, dass all diese Schritte erfolgen, um die Milosevic-Sozialisten bei der Regierungs-Stange zu halten; auf kritische Fragen des TV-Senders B92 reagierte jedenfalls Minister Velimir Ilic mit der Bemerkung, die Journalistin brauche psychiatrische Behandlung. Ilics Pressesprecher drohte gar, den Chefredakteur des Senders zu ermorden. Das und die Niederschlagung des Verfahrens gegen Marko Milosevic führte in Serbien immerhin zu Protesten reformorientierter Kräfte; Ilic zog seine Aussage schließlich halbherzig zurück. An der Straffreiheit der Familie Milosevic ändert das aber nichts. Der Rückkehr in ihre zu Spottpreisen in Serbien gekauften Villen stehen nur mehr unbezahlte Stromrechnungen in Höhe von etwa 8.000 Euro entgegen. Mit welchem Geld auch immer hat Mira Markovic jedenfalls bereits eine Wohnung in Den Haag gemietet. Slobodan Milosevic kann somit guten Mutes sein, wohl noch vor seinem nächsten Geburtstag Frau und Sohn in seiner Zelle willkommen heißen zu können, denn entsprechende Reise- und andere Unkosten trägt mittlerweile bereits der serbische Staat.