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Pavkovic stellt sich dem Haager Tribunal

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Berichte Serbien
Der ehemalige jugoslawische Generalstabschef Nebojsa Pavkovic wird sich heute dem Haager Tribunal stellen. Pavkovic soll für Verbrechen an albanischen Zivilisten während des Kosovo-Krieges vor sechs Jahren verantwortlich sein. Pavkovics Gang nach Den Haag beseitigt das letzte Hindernis für die Aufnahme von Verhandlungen zwischen Serbien und der EU über ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen, die im Herbst beginnen sollen. Mit dieser Frage werden sich heute in Luxemburg auch die EU-Außenminister befassen. Als ersten Schritt zu diesen Verhandlungen hat die EU-Kommission Mitte April eine positive Machbarkeitsstudie für Serbien veröffentlicht, die die Außenminister zu billigen haben. Die freiwillige Stellung von Nebojsa Pavkovic hat für Serbien aber auch noch andere positive Folgen über die aus Belgrad unser Korrespondent Christian Wehrschütz berichtet:

In Serbien drohte die Vier-Parteien-Koalition von Ministerpräsident Vojislav Kostunica lange an der Frage des Haager Tribunals zu scheitern. Im Gegensatz zu den drei anderen Koalitions-parteien lehnte Kostunica Verhaftung und Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher stets ab. Diese Position hängt mit Kostunicas kritischer Einstellung gegenüber dem Tribunal aber auch damit zusammen, dass seine Minderheitsregierung im Parlament auf die Unterstützung der Milosevic-Sozialisten angewiesen ist, die jede Auslieferung ablehnen. Der Abgang von General Nebojsa Pavkovic nach Den Haag ist für Kostunica daher ein innenpolitischer Erfolg, weil er seiner Linie treu bleiben konnte und seine Regierung an Stabilität gewinnt. Sie hat derzeit gute Chancen einen Misstrauensantrag zu überstehen, den die stärkste Kraft im Parlament, die ultranationalistische Radikale Partei, eingebracht hat. Diese innenpolitische Atempause kann die Regierung zum Kampf gegen Arbeitslosigkeit, triste Wirtschaftslage und für viele überfällige Reformen nutzen, die auf dem Weg Richtung EU unvermeidlich sind. Dazu zählen die Justizreform, sowie die Umstrukturierung großer und ineffizienter Staatsbetriebe, wie der Eisenbahn, der Elektrizitätsgesellschaft oder des Erdölkonzerns. Der Abgang von Nebojsa Pavkovic ist für die Regierung aber auch ein außenpolitischer Erfolg. Mit Pavkovic haben sich seit Jahresbeginn 12 Serben und bosnische Serben dem Tribunal gestellt. Kostunica musste dazu viel politischen Druck und angeblich auch viel Geld aufwenden, um den Angeklagten den Abgang schmackhaft zu machen. Doch nun ist Chefanklägerin Karla Del Ponte ist fürs erste einigermaßen zufrieden, denn für Serbien ist praktisch nur mehr ein Fall, wenn auch der größte, noch offen. Es ist dies der bosnische Serben-General Ratko Mladic, der für das Massaker von Srebrenica verantwortlich gemacht wird, dass sich heuer zum zehnten Mal jährt. EU und USA haben Serbien mehrmals klar gemacht, dass ohne die Verhaftung von Mladic eine Annäherung an die NATO oder gar die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU undenkbar sind. Doch bis dahin hat Serbien noch Zeit, obwohl die Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal natürlich fortgesetzt werden muss. Viel wichtiger ist derzeit, aber dass die Regierung in Belgrad im Ausland an Glaubwürdigkeit und im Inland an Stabilität gewonnen hat. All das ist auch ein Erfolg für die EU. Sie hat mit Zuckerbrot und Peitsche Vojislav Kostunica zu schmerzlichen Entscheidungen bewogen und dazu beigetragen, dass Serbien fast fünf Jahre nach dem Sturz von Slobodan Milosevic den ersten wichtigen Schritt auf einem langen Marsch in Richtung europäischer Integration getan hat.

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