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Neuer Generalstabschef in Serbien-Montenegro

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Berichte Serbien
In Belgrad hat der Oberste Verteidigungsrat des Staatenbundes Serbien und Montenegro einen neuen Generalstabchef ernannt. Nachfolger von Branko Krga. Der mit 59 Jahren in Pension geht, ist der 53-jährige Generalmajor Dragan Paskas. Er übernimmt die Führung der Streitkräfte in einer äußerst schwierige Zeit. Wegen zweier ungeklärter Mordfälle ist das Vertrauen der Serben in die Streitkräfte drastisch gesunken. Hinzu kommen enorme materielle und soziale Probleme. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz:

Der neue Generalstabschef Dragan Paskas ist in der serbischen Öffentlichkeit ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Bekann ist nur, dass der bisherige Kommandant des Korps in Novi Sad auch größere Einheiten im Westen Serbiens und in Montenegro befehligte und somit keine zweifelhafte militärische Vergangenheit haben dürfte. Paskas dürfte eine Kompromisslösung sein, auf die sich die politische Führung Serbiens und Montenegros geeinigt hat, die im Verteidigungsrat präsent ist. Paskas zentrale Aufgabe wird es zunächst sein, das Vertrauen in Streitkräfte wieder herzustellen, das von September bis November von 57 auf 35 Prozent gefallen ist. 37 Prozent bewerteten im November die Streitkräfte negativ; das ist das erste Mal, dass negative Wertungen überwiegen. Grund dafür ist der mysteriöse Tod zweier Soldaten in der Nähe einer Bunkeranlage in einer Kaserne in Belgrad Anfang Oktober. Die Streitkräfte sprachen sofort von Mord und Selbstmord, änderten jedoch unter dem wachsenden Druck der Öffentlichkeit mehrmals ihre Version. Schließlich wurde eine unabhängige Kommission eingesetzt. Sie bestätigte nach Lokalaugenschein und Autopsie mehr als zwei Monate später, dass beide Soldaten ermordet wurden. Offensichtlich hatten sie etwas oder jemanden gesehen, das oder den sie nicht hätten sehen dürfen. In den Medien wurde sofort spekuliert, dass in der Kaserne mutmaßliche Kriegsverbrecher versteckt waren, doch Beweise fehlen. Der Mordfall zeigt jedoch, wie gering die zivile Kontrolle über die Streitkräfte ist, obwohl schon seit mehr als einem Jahr der Generalstab dem Verteidigungsministerium unterstellt ist, und mehr als 200 Offiziere mit zweifelhafter Biographie entlassen wurden. Zu kämpfen haben die Streitkräfte jedoch nicht nur mit ihrem Image, sondern auch mit materiellen Problemen. Die Streitkräfte zählen 62.000 Soldaten und 16.000 Zivilbedienstete. 20.000 von ihnen, also jeder Vierte, hat keine geeignete Wohnung oder Unterkunft. Die Gehälter sind derzeit nur für die nächsten sechs Monate gesichert, und die Ausrüstung ist veraltet. Geplant sind eine Verringerung der Truppenstärke und der Aufbau eines Unteroffizierskorps, das der Offiziersarmee weitgehend fehlt. Obwohl die Reform schleppend verläuft, sind auch einige positive Ansätze zu verzeichnen. So wurde eine neue Verteidigungsstrategie beschlossen, die auch die Teilnahme Serbiens am NATO-Programm Partnerschaft für den Frieden vorsieht. Größtes Hindernis dabei ist mangelnde Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal. Beschlossen hat das Parlament jüngst auch die Abschaffung der Militär-gerichte und ein Gesetz über die Teilnahme an Friedensmissionen der UNO. An derartigen Missionen sollen nur Berufsoffiziere teilnehmen, die später das Rückgrat der neuen serbischen Armee bilden und pro-westlich orientiert sein sollen. Doch der Weg dahin ist noch weit und steinig, obwohl der neue Generalstabschef Dragan Paskas ein weiterer kleiner Schritt

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