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Djindjic-Interview

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In der jugoslawischen Teilrepublik Serbien wird am 23. Dezem-ber ein neues Parlament gewählt. Haushoher Favorit ist die 18 Parteienallianz DOS; sie hat mit Vojislav Kostunica Ende Sep-tember Slobodan Milosevic besiegt und will nun in Serbien die Entmachtung von Milosevics Sozialisten vollenden. Nach Umfra-gen kann DOS mit etwa 60 Prozent der Stimmen rechnen. Serbi-scher Ministerpräsident soll DOS-Wahlkampfmanager Zoran Djindjic werden. Djindijc will den völligen Bruch mit der Ära Milosevic und den Traditionen des kommunistischen Jugoslawien, um drei Ziele zu verwirklichen: die Bildung des Rechtsstaates, die Entpolitisierung der Wirtschaft und die Dezentralisierung Serbiens. Wirtschaftlich will Djindjic Serbien binnen vier Jahren aus der Krise führen, wobei eine erste Erhohlung schon in zwei Jahren spürbar sein soll. In Belgrad hat Christian Wehrschütz mit Zoran Djindjic über seine Haltung zu Monte-negro und über seine Verhältnis zum jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica gesprochen, hier sein Bericht:

Als serbischer Ministerpräsident wird Zoran Djindjic auf eine raschen Reform des jugoslawischen Bundesstaates dringen. Denn das Chaos zwischen den Institutionen hemme Auslandsinvesti-tionen. Für die Reform der Beziehungen zwischen Bund, Serbien und Montenegro bestünden so Djindjic drei Möglichkeiten:

„Entweder dadurch, dass eine logische Bundesgesetzgebung gebildet wird, oder dass sie verschwindet und einfach nur zwei, drei Funktionen hat, oder es werden zwei unabhängige Staaten sein. Aber so, dass wir eine serbische Schattenregierung im Bundesstaat haben und deren Entschlüsse nur in Serbien akzeptiert werden, das sich Jugoslawin nennt. Das kann nicht lange dauern. Denn diese Bundesregierung ist praktisch eine zweite serbische Regierung.“

Was das Verhältnis zu Montenegro betrifft, beharrt Zoran Djindjic nicht darauf, daß auch in Serbien ein Referendum über

die Frage der Unabhängigkeit Montenegros abgehalten wird:

„Ich glaube nicht, dass wir ein Referendum in Serbien organisieren werden, denn auch umgekehrt könnte es passieren, dass Montenegro und für ein Zusammenbleiben votiert und Serbien dagegen. Das sind unnötige Komplikationen. Ich würde sagen, wenn die Leute in Montenegro ein Referendum wollen, sollen sie es organisieren. Und wir aus Serbien werden uns mit ihrer Entscheidung abfinden.“

Über sein in jüngster Zeit nicht spannungsfreies Verhältnis zu Vojislav Kostunica sagt Djindjic:

„Ich bin eher an einer Modernisierung interessiert und ich sehe das größte Problem in einer verfehlten Modernisierung in dieser Region, die durch viele Kriege bedingt ist. So dass wir eine zivile Gesellschaft eigentlich far nicht ausbauen haben können. Und da ist vielleicht der größte Unterschied zwischen uns, dass ich Zeitmangel als das größte Problem sehe und nicht Geldmangel. Wir dürfen nicht zu viel überlegen auch nicht im Sinne voller Legalität. Sie können einen bankrotten, korrupten undemokratischen Staat nicht mit vorgefundenen rechtlichen Mitteln reformieren. Sie müssen schon ein bisschen schneiden. Ein bisschen Revolution ist schon notwendig. Und wenn sie 100 Jahre in Verzug sind, dann müssen sie die Geschichte beschleunigen, wenn sie die entwickelten Länder einholen wollen.“

Für wichtig erachtet Djindjic eine Aufarbeitung der Ära Milosevic. Ebenso wichtig wie diese Aufarbeitung sei aber auch die Wahl des richtigen Zeitpunkts. Zoran Djndjic:

„Vergangenheitsbewältigung ist sehr wichtig, nur dafür braucht man ein bisschen soziale Sicherheit. Wenn man um das alltägliche Leben bangt, dann hat man keine Energie sich mit dem zu beschäftigen, was vor zwei, drei Jahren geschehen ist. Das war auch in Deutschland so. Nach zwei, drei Jahren Wirtschaftsaufbau in Serbien hoffe ich, dass das kommt. Dass dann auch die Frag nach der Vergangenheit, nach der Schuld in der Vergangenheit kommt, aus innerer Motivation. Dass sie aufgebrochen wird von außen, dass die Frage nach der Auslieferung nach Den Haag gestellt wird, erwarte ich sehr bald. Aber das ist keine echte Vergangenheitsbewältigung. Das wäre dann aufgezwungen und ich weiß nicht, ob das der beste Weg ist, um mit diesem Thema in Serbien zu beginnen.“
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