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Serbien und Infrastruktur

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In Serbien startet die Regierung unter Zoran Djindjic heute eine neue Informationskampagne, um unten den acht Millionen Serben für ihre Reformpolitik zu werben. Djindjic, mehrere Minister und Experten wollen in den kommenden zwei Monaten etwa 50 Städte besuchen. In direkten Gesprächen mit den Bürgern will die Regierung erfahren, wo er Schuh am meisten drückt und gleichzeitig für Verständnis werben, denn in diesem Jahr sollen die schwierigsten Reformen durchgeführt werden. Die Aktion steht unter dem Motto: „Serbien auf gutem Wege“. Daß dieser Weg jedenfalls noch sehr steinig und auch langwierig sein wird, zeigt ein Blick auf die Infrastruktur. Kraftwerke und viele Unternehmen sind veraltet, das Straßennetz oft in schlechtem Zustand und in vielen Staatsbetrieben steht ein massiver Personalabbau bevor. Vor welcher schwierigen Aufgabe Ministerpräsident Zoran Djindjic steht zeigt auch das Beispiel der serbischen Eisenbahn, deren Zustand der folgenden Beitrag unseres Balkan-Korrespondenten Christian Wehrschütz beleuchtet:

Der zweiteilige Dieseltriebzug Desiro VT 642, der Firma Siemens auf einer Werbefahrt durch Belgrad. Modern ausgestattet bietet der Zug mehr als 200 Passagieren Platz. Kostenpunkt: 2,2 Millionen Euro pro Stück. Siemens Österreich hat diese Werbefahrt organisiert, denn Siemens hofft auf einen Großauftrag aus Serbien sowohl in der Diesel- aus auch in der Elektroversion. Der Sofortbedarf im serbischen Regionalverkehr liegt bei 20 Zügen, doch insgesamt müssen 100 Stück erneuert werden. 120.000 Passagiere in Belgrad und aus dem Umland fahren täglich mit Regionalzügen. Über deren Zustand sagt Goran Kalicanin vom serbischen Eisenbahnunternehmen STP:

„Bei den Elektrozügen im Raum Belgrad sind die jüngsten Regionalzüge durchschnittlich etwa 20 Jahre alt. In den Regionen außerhalb Belgrads haben wir aber auch viel ältere Züge, die etwa 40 Jahre alt sind.“

Das Schienennetz in Serbien ist etwa 3500 Kilometer lang; etwa 20 Prozent davon sind elektrifiziert. Umfassende Instandsetzungsarbeiten erfolgten in den vergangenen 25 Jahren nur bei 30 Prozent der Geleise. Zu den Folgen fehlender Investitionen für das Schienennetz sagt die serbische Verkehrsministerin Marija Raseta-Vukosavljevic:

„Derzeit haben wir im Schienennetz etwa 130 Stellen, wo die Geschwindigkeit auf 20 bis 40 Kilometer pro Stunde beschränkt ist. Und etwa 300 Kilometer des Netzes müssen erneuert werden.“

Zum Finanzbedarf bei den Eisenbahnen sagt die Verkehrsministerin:

„Für die Erneuerung der Infrastruktur haben wir dieses Jahr Projekte im Wert von 150 Millionen Euro. Dieses Geld soll nicht nur der Infrastruktur, sondern auch der Moderni-sierung und Reparatur von 60 Elektrozügen dienen. Doch wir brauchen viel mehr Geld, mindestens den dreifachen Betrag, um die Eisenbahn und die Infrastruktur in einen Zustand zu versetzen, der für Europa akzeptabel ist.“

Das Geld soll vor allem von der EIB, der Europäischen Investitionsbank, in Form von langfristigen Krediten bereitgestellt werden. Für andere Infrastrukturprojekte hat die EIB bereits einen Kredit in Höhe von 66 Millionen Euro gewährt. Wozu das Geld konkret verwendet werden soll, erläutert der EIB-Vizepräsident, der Österreicher Ewald Novotny, so:

Auch Siemens-Österreich hofft, daß Serbien mit Hilfe der EIB sowie österreichischer und deutscher Exportfinanzierung Züge vom Typ Desiro wird kaufen können. Doch der schlechte Zustand der Infrastruktur ist nur eine Seite des serbischen Problems. So zählt das serbische Eisenbahnunternehmen STP derzeit 33.000 Mitarbeiter. Fast die Hälfte von ihnen, soll in den kommenden fünf Jahren auf sozial verträgliche Weise abgebaut werden. Serbiens Regierung steht somit noch ein dorniger Weg bevor, bis auch die Serben glauben werden, daß ihr Land wirklich auf gutem Wege ist.
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