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Strache und die Serben

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Auf der Suche nach neuen Verbündeten für seine Europäische-Freiheits-Bewegung ist FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache in Serbien fündig geworden. Es ist dies die nationalistische Radikale Partei, deren Vorsitzender sich seit mehr als fünf Jahren vor dem Haager Tribunal wegen des Vorwurfs der Kriegsverbrechen verantworten muss. In Serbien behaupteten die Radikalen auch nach der Parlamentswahl Anfang Juni ihre Position als stärkste Partei im Parlament. Sie sind EU-skeptisch, auch, weil die Mehrheit der EU die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt hat. Diese Haltung teilen die Radikalen mit der FPÖ; so wurde denn jüngst in Belgrad ein Arbeitsübereinkommen unterzeichnet Zu den gemeinsamen Zielen zählen der Kampf gegen Massenzuwanderung, gegen Islamismus, die Forderung nach Erhaltung der nationalen Identität der europäischen Völker und die Förderung der traditionellen Familie. Dieser gemeinsame Kampf könnte der FPÖ auch in Wien nützen, wo etwa 150.000 Personen serbischer Abstammung leben sollen. Sie sind unisono gegen die Unabhängigkeit des Kosovo, und viele sind Sympathisanten der Radikalen Partei.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Belgrad

Kamera: Predrag Crvenkovic

Schnitt: Mica Vasiljevic

Gesamtlänge: 5‘59

Insert1: 0’51 Heinz-Christian Strache, FPÖ-Vorsitzender

Insert2: 1’18 Heinz-Christian Strache, FPÖ-Vorsitzender

Insert3: 2’36 Tomislav Nikolic, Serbische Radikale Partei

Insert4: 3’07 Srdjan Bogosavljevic, Meinungsforscher in Belgrad

Insert5: 3’46 Heinz-Christian Strache, FPÖ-Vorsitzender

Insert6: 4’04 Heinz-Christian Strache, FPÖ-Vorsitzender

Insert7: 4’39 Heinz-Christian Strache, FPÖ-Vorsitzender

Insert8: 5’03 Srdjan Bogosavljevic, Meinungsforscher in Belgrad

Insert9: 5’34 Srdjan Bogosavljevic, Meinungsforscher in Belgrad

Viele Serben haben zur EU ein zwiespältiges Verhältnis. So groß der Wunsch nach einer europäischen Perspektive, nach einem Lebensstandard wie in Österreich ist, so gering ist das Vertrauen in die EU. Die Mehrheit der EU hat die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt; und Havier Solana ist noch gut als NATO-Generalsekretär im Gedächtnis, der den Angriff auf Serbien befahl. Mit diesen Problemen hat Heinz-Christian Strache in Belgrad nicht zu kämpfen, ist doch die FPÖ strikt gegen die Lostrennung des Kosovo. Hinzu kommt der Euro-Skeptizismus; so hielt denn Strache auch einen Vortrag zum Thema: „EU – Mythos und Wirklichkeit“ auf Einladung einer nationalistischen Organisation an der Technischen Universität von Belgrad:

„Ich habe den Ausverkauf österreichischer Interessen an die EU durch meine Politiker miterlebt, und ich sage offen, ich würde mir wünschen, dass Serbien ein Mal Mitglied einer anderen EU wird, wo wir nicht einen zentralistischen Bundesstaat vorfinden.“

Das Nein zur Unabhängigkeit des Kosovo verband Strache mit dem in Serbien generell weit verbreiteten Opfer-Mythos:

„Und wir weisen nicht nur zurecht auf die historische Geschichte der Serben im Kosovo hin, auf die Schlacht am Amselfeld, wo sich die Serben einem osmanischen Imperium auch entgegen gestellt haben und damals schon von Europa im Stich gelassen wurden; so erleben wir heute im Kosovo aber auch in Europa, dass man uns gegenüber amerikanischem Imperialismus und drohendem Islamismus im Stich lässt.“

Die Organisatoren dankten Strache mit einem Ruderleiber mit der Aufschrift „Kosovo ist Serbien“. Diese Botschaft gerade aus dem Mund eines westlichen Politikers öffnet Türen. So wurde Strache nicht nur von einem hohen Würdenträge der orthodoxen Kirche empfangen; auch mit einem nationalkonservativen Minister traf er zusammen. Eigentliches Ziel war jedoch die Radikale Partei unter Tomislav Nikolic, der neue Partner der FPÖ in Serbien. Nach zwei Verhandlungsrunden kam es schließlich zur Unterzeichnung des Partnerschaftsabkommens; derartige Abkommen verbindet die FPÖ bereits mit ähnlichen Parteien in der EU, während die Radikalen vor allem gute Kontakte mit Russland haben:

„Die Serbische Radikale Partei, erweitern den Kreis ihrer Freunde in der Welt und ist vor allem an Freundschaften in Staaten interessiert, die die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt haben. In diesen Staaten hätten wir gerne Politiker an der Macht, die die territoriale Integrität Serbiens achten und schätzen.“

Vom offiziellen Westen gemieden, sind für die Radikalen derartige Kontakte durchaus nützlich:

„Ihre Wähler selbst sind nicht nur nationalistisch, sie haben auch andere Anliegen; sie wollen normal leben, ohne Visa reisen können und einen Arbeitsplatz haben. Wenn daher Politiker aus Europa bei Veranstaltungen vor allem der Radikalen Partei auftreten, dann ist das eine sehr gute Botschaft für ihre Wähler, die die Popularität der Radikalen festigt und stärkt.“

Und so trat denn Strache Anfang Mai bei der Wahlkampfschlusskundgebung der Radikalen auf. Seine Zuhörer begrüßte er mit den traditionellen Worten „Mit Gottes Hilfe“:

„Pomaze Bog“ … Es ist mir heute eine große Ehre als Freund hier bei Euch in Belgrad sein zu dürfen“.

Strache rief zum Wiederstand gegen die EU auf, die Serbien des Kosovo entreißen wolle, und…

"Und am 11. Mai habt ihr die Verantwortung, heimatbewusste und aufrechte Serben wie Tomislav Nikolic auch zu stärken! Glück Auf!!

Bei der Wahl selbst gewann der proeuropäische Block unter Führung der Demokratischen Partei die relative Mehrheit; möglich ist aber auch eine Regierung unter Beteiligung der Radikalen. Sie kämpfen nicht nur um die Macht, sondern auch für ihren Vorsitzenden Vojislav Seselj, dem vom Haager Tribunal vorgeworfen wird, für Kriegsverbrechen verantwortlich zu sein. Für die FPÖ ist das kein Hindernis:

„Wir wissen, dass nach wie vor eine Verhandlung stattfindet, und man muss sich schon wundern, dass man nach fünf Jahren es nicht geschafft hat, ein Urteil zu treffen. Ich glaube, dass entspricht nicht den Menschenrechtskriterien.“

Unabhängig davon haben die Radikalen im Westen ein schlechtes Image. Trotzdem könnte die FPÖ von der Zusammenarbeit und von Auftritten von Tomislav Nikolic in Wien profitieren:

„Diese große Masse der Diaspora teilt sich auf in Anhänger der Demokratischen und der Radikalen Partei; wenn schon nicht 70 Prozent der Anhänger der Radikalen, dann aber sicher 30 Prozent, hören auf Tomislav Nikolic; daher könnte Nikolic der Partei einen Dienst erweisen, wenn er dazu aufruft, sie zu wählen.“

Auch das strikte Nein der FPÖ zur Unabhängigkeit des Kosovo könnte Stimmen bringen:

„Ein großer Teil der Diaspora ist sehr konservativ; sie genießt alle Vorteile der westlichen Demokratie, ist aber sehr militant in der Frage des Kosovo.“

Heinz-Christian Strache war bereits drei Mal in Belgrad. Weitere Besuche dürften folgen Bei FPÖ-Veranstaltungen wird künftig auch Tomislav Nikolic zu sehen sein. Er hat Straches Einladung nach Wien angenommen.

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