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Serbiens Streit über den EU-Kurs

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Berichte Serbien
In Serbien findet am Sonntag die Stichwahl um das Amt des Präsidenten statt. Erwartet wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem pro-europäischen Amtsinhaber Boris Tadic und dem Ultranationalisten Tomislav Nikolic. Nikolic lehnt jede weitere EU-Annäherung ab, sollte die EU die Unabhängigkeit des Kosovo akzeptieren. Um Tadic zu helfen, haben die EU-Außenminister gestern einen Kooperationsabkommen angeboten. Es ist ein Ersatz für den Vertrag über Stabilisation und Assoziation, der die Basis für die weitere EU-Annäherung Serbiens ist. Diesen Vertrag konnte die EU Serbien nicht unterzeichnen, weil die Niederlande ihr Veto einlegten. Sie beharren auf der vollen Zusammenarbeit Belgrads mit dem Haager Tribunal. Widerstand gegen den Vertrag gibt es nicht nur in der EU und in Serbien nicht nur von den Ultranationalisten; auch der nationalkonservative Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica geht immer mehr auf Anti-EU, weil Brüssel immer klarer für die Unabhängigkeit des Kosovo eintritt.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Serbien

Insert1: 0’20 Slobodan Samardjic, Serbischer Minister für den Kosovo

Insert2: 1‘08 Slobodan Samardjic, Serbischer Minister für den Kosovo

Insert3: 1’25 Slobodan Samardjic, Serbischer Minister für den Kosovo

Gesamtlänge: 2’28

Die Parole von Boris Tadic für die Präsidentenwahl lautet: „Erobern wir Europa gemeinsam“. Doch selbst wenn Tadic siegt, bleibt der EU-Kurs ungewiss. Denn sein nationalkonservativer Partner in der Regierung ist ebenso EU-kritisch wie sein ultranationalistischer Gegenkandidat:

„Nachdem die EU die Mission für den Kosovo beschlossen hat, hat der Vertrag über Stabilisierung und Assoziation eine andere Bedeutung bekommen. Seine Bedeutung liegt nun darin es Serbien zu erleichtern, die Unabhängigkeit des Kosovo hinzunehmen. Daher sollte er nicht unterschrieben werden, bis diese Frage geklärt ist. Das ist die Haltung eines Teils der Regierung.“

Samadrjic gilt als enger Vertrauer von Ministerpräsident Vojislav Kostunica. Er war führend an den gescheiterten Gesprächen über den Kosovo-Status beteiligt. In den serbischen Teilen der albanisch dominierten Provinz ist der Minister bemüht, den Einfluss Belgrads zu stärken. Samardjic wirft der EU vor, im Kosovo Erfüllungsgehilfe der USA zu sein:

„Die EU muss sich von der amerikanischen Politik lösen, die darin besteht, den Balkan zu zerstückeln, um diese Region kontrollieren zu können.“

Wie sich Serbien entscheiden sollte, wenn es zwischen dem Kosovo und der EU zu wählen habe, daran lässt Samardjic keinen Zweifel:

„Wenn die EU die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennt, heißt das, dass die EU keine Europäische Union mehr ist. Das ist eine Union ohne ihre eigenen Werte, ohne internationale Prinzipien; das ist dann eine Schachfigur der USA, die keine eigene Politik hat. Außerdem würde das bedeuten, dass die EU den Sezessionismus als Mittel zur Lösung von Minderheitenfragen akzeptiert, dass sie den Terrorismus unterstützt, denn im Kosovo gibt es terroristische Elemente. Außerdem würde die EU die massenhafte Verletzung von Menschenrechten unterstützen, wie das im Kosovo der Fall ist. Die EU würde jene belohnen, die ihre Ziele mit Gewalt durchsetzen. Damit stellte sich die Frage, ob es überhaupt wert wäre, mit einer derartigen EU ernsthaftere Beziehungen zu haben.“

Sollte der Kosovo wie erwartet unabhängig werden, steht in Belgrad somit ein Machtkampf in der Regierung bevor. Möglich sind Neuwahlen und auf dem Weg Richtung EU hätte Serbien wieder ein Jahr verloren, selbst wenn Boris Tadic Präsident bleiben sollte.

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