Milosevic Beisetzung in Belgrad aber kein Staatsbegräbnis
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Berichte Serbien
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Belgrad
Aufsager: Christian Wehrschütz aus Belgrad
Gesamtlänge: 2’35
Der bekannteste und älteste Friedhof Belgrads ist der Neue Friedhof, der seit 120 Jahren als letzte Ruhestätte dient. Hier liegen etwa auch Gefallene der K und K Armee aus dem Ersten Weltkrieg. Besonders berühmten Persönlichkeiten vorbehalten ist die Alej Velikana, die Allee der Großen. Schauspieler, Schriftsteller, Sportler, Kriegshelden und Politiker liegen hier als stumme Zeugen der serbischen Geschichte. Dazu zählt der ermordete Ministerpräsident Zoran Djindjic, der Slobodan Milosevic vor fünf Jahren an das Haager Tribunal ausgeliefert hat. In der Allee der Großen sollte nach dem Willen seiner Familie und seiner Partei auch Slobodan Milosevic ruhen. Dieser Wunsch stieß unter den Serben auf geteilte Reaktionen:
„Das ist unser Mann. Ich bin dafür, dass er hier begraben wird, dass ist normal. Alle verteidigen ihre Leute, nur wir machen unsere schlecht.“
„Was, den soll man in der Alle der Großen beisetzen. Der sollte überhaupt niemals wieder hierher kommen.“
Dieser Wunsch bleibt unerfüllt, doch Milosevic wird auch nicht in der Allee der Großen ruhen. Dieser Plan scheiterte am Bürgermeister von Belgrad, der seine Zustimmung verweigerte. Denn zuständig für Ehrengräber ist die Stadt. Trotzdem wird Milosevic am Neuen Friedhof beigesetzt, den er, Sohn Marko und Tochter Marija bei feierlichen Begräbnissen besuchten. Marko und Witwe Mira Markovic flohen wegen eines serbischen Haftbefehls vor einigen Jahren nach Moskau, wo Milosevics Bruder lebt. Nun wird ein Familientreffen in Belgrad möglich; Mira soll den Pass abgeben, wird aber nicht verhaftet, schließlich ist die Regierung auf die Unterstützung der Milosevic-Sozialisten angewiesen. Auch die Ultranationalisten machen für die Familie Stimmung, ist doch der Kampf um Milosevic-Wähler voll entbrannt. Die Kräfte des alten Regimes werden nicht müde, das Haager Tribunal für Milosevics Tod verantwortlich zu machen. Das tat auch der reformorientierte Präsident Boris Tadic, der einer neuen Legendenbildung damit ebenfalls Vorschub leistete, denn vom aufklärerischen Geist der Ära Djindjic ist in Serbien nur wenig geblieben.