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Belgrad ohne Milosevic

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Berichte Serbien
Die heutige Nacht war die erste, die Slobodan Milosevic in einer Zelle im Haager Tribunal zu verbringen hatte. Milosevic wurde am frühen Abend mit einem NATO-Hubschrauber nach Bosnien gebracht; von dort wurde er nach Den Haag überstellt. Die meisten Serben waren von der raschen Auslieferung überrascht. International wurde sie begrüßt:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz Belgrad

Insert: 0’59: Voislav Kostunica, Jugoslawischer Präsident

Insert: 1’18 :Zoran Djindjic, Serbischer Ministerpräsident

Gesamtlänge: 1‘45

Es war möglicherweise ein reinigendes Gewitter, daß diese Nacht über Belgrad niederging, passend zu Ende der Ära Milosevic in dieser Stadt und in Serbien. Die Nacht verlief ruhig; lediglich knapp nach der Bekanntgabe der Auslieferung an das Haager Tribunal hatten sich einige Hundert Milosevic-Anhänger im Stadtzentrum versammelt; einige Journalisten und Kamerateams wurden attackiert, doch sonst blieb alles fried-lich. Nach Mitternacht harrten nur noch wenige Demonstranten im Zentrum und vor dem Zentralgefängnis aus. Wenige Stunden zuvor könnte Milosevic in diesem Wagen aus seiner Zelle zu einem NATO-Hubschrauber und dann nach Den Haag gebracht worden sein. Von seiner Auslieferung überrascht waren auch seine Anwälte und die Familie.

Serbiens Ministerpräsident Zoran Djindjic war die treibende Kraft. Gegen 19 Uhr stellte er sich gestern der Presse, nach-dem die serbische Regierung in einer Dringlichkeitssitzung die Auslieferung beschlossen hatte. Djindjic rechtfertigte die Auslieferung mit den internationalen Verpflichtungen und sagte:

„Der andere Grund ist die Geber-Konferenz für Jugoslawien, die in Brüssel beginnt und an der einige Staaten nur wegen der Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal teilnehmen. Die Entscheidung des Gerichts hätte dazu führen können, daß einige Staaten ihre Teilnahme abgesagt hätten. Das hätte eine Erniedrigung für unsere teilnehmenden Minister bedeutet.“

Der jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica bewertete die Auslieferung, über die er aus den Medien erfuhr, dagegen als erniedrigend und sagte:

„Die Auslieferung von Slobodan Milosevic an das Haager Tribu-nal kann ich nicht als verfassungskonform und legal ansehen. Der Verfassungsgerichtshof hat die Verordnung über die Zusam-menarbeit mit dem Haager Tribunal suspendiert. Diese Maßnahme hätte beachtet werden müssen. Der Rechtsstaat, der das Ziel von DOS war, kann nicht auf Unrecht aufgebaut werden“.

Bei einer Straßenbefragung waren jedoch auch die meisten Belgrader für die Auslieferung:

„Ich glaube, es mußte so sein.“

„Es ist in Ordnung.“

„Ich denke, er hat es verdient. Er bekam, was er verdiente.“

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