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Film in Serbien

Fernsehen
Kultur 3 Sat
Berichte Serbien
In Belgrad feierte das Museum des jugoslawischen Filmarchivs jüngst sein 50-jähriges Bestehen. Der Film hat in Jugoslawien eine sehr alte Tradition, die bereits in die Anfänge der Filmgeschichte vor mehr als 100 Jahren zurück reicht. Das Filmarchiv verfügt über mehr als 85.000 Filme darunter auch Raritäten wie den österreichischen Film Kalif Storch von Hans Berger und Ladislaus Tuszinsky aus den 20-iger Jahren. Gelitten hat das Filmarchiv auch unter der jahrelangen Isolation der Ära Milosevic. Der serbische Film konnte sich jedoch recht gut behaupten, denn er hatte unter Milosevic weit weniger mit Zensur als mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Nach dem Sturz von Slobodan Milosevic vor mehr als einem Jahr hoffen nun auch Filmarchiv und serbische Filmindustrie auf einen Aufschwung nicht zuletzt durch die Zusammenarbeit mit dem Ausland:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Belgrad

Insert 1: 1’29 Aleksandar Erdeljanovic, Leiter des Archivs

Insert 2: 3’22 Miroslav Lekic Regisseur

Insert3: 4’05 Dragan Vrazalic, VANS-Verkaufsleiter

Insert4: 5’05 Dragan Vrazalic, VANS-Verkaufsleiter

Gesamtlänge: 5’47

Kameramann: Pedrag Crvenkovic

Tonmeister Dragisa Jelic

Schnitt: Mica Vasilijevic

Text:

Der Krieg der NATO, der vor drei Jahren begann, zog auch das jugoslawische Filmarchiv in Mitleidenschaft. Von den Bomben getroffen wurde auch ein Lager. Dank der zusätzlichen Plastikverpackung blieben zwar die meisten Filme unversehrt; doch 80.000 Schachteln gingen verloren. Außerdem mußten die Filme in das Zentralarchiv ins Belgrader Filmstädtchen ge-bracht werden, das aus allen Nähten platzt; denn das seit langem bestehende Platzproblem wurde durch die Zerstörung des Lagers noch verschärft. ................

Mit mehr als 85.000 Filmen zählt das jugoslawische Filmarchiv wohl zu den zehn größten der Welt. Die Krönung von König Petar im Jahre 1904 ist das älteste filmische Dokument in Ser-bien. Neben zeitgeschichtlichen Filmdokumente wie der Ermordung des jugoslawischen Köngis Alexander im Jahre 1934 in Marseilles durch mazedonische und kroatische Extre-misten verfügt das Archiv auch über viele Spielfilme, durchaus auch mit zeitgeschichtlichem Hintergrund. So findet man auch den „Dritten Mann“, ein Agentenfilm, der im Wien der Nachkriegszeit spielt im englischen Originalton mit serbischen Untertiteln. ................

Leiter des jugoslawischen Filmarchivs ist Aleksandar Erdeljanovic. Zu den Schätzen seiner Institution sagt er:

„Wir haben eine außerordentliche Sammlung von Objekten, die mit der Geschichte des Films verbunden sind, etwa 500 technische Exponate. Mit mehr als 20.000 Büchern haben wir die größte Film-Bibliothek des Balkan. Hinzu kommen eine große Sammlung von Filmfotos, etwa 250.000 und mehr als 15.000 Poster, einige Tausend Drehbücher und andere Exponate die mit dem Film verbunden sind.“

Zu diesen Plakaten zählt auch ein Originalposter des italienischen Films Dante aus dem Jahre 1920. Die Plakte zeigen, daß auch Western in Jugoslawien ebenso populär waren wie die Winnetou-Filme, die ebenfalls im alten Jugoslawien entstanden. Ihre Lagerung zählt ebenso zu den großen Problemen des Archivs.

Technische Rariäten aus der Geschichte des Films von veralteter, aber noch immer verwen-deter Technik zu unterscheiden, ist in dem Archiv durch aus nicht ganz leicht. In der soge-nannten Pickerei, werden Filme noch immer auf derartige Weise geklebt. Alte Schneide-tische müssen immer wieder repariert werden, denn für neue fehlt das Geld.

Bereits mit moderner Technik bearbeitet werden dagegen zeitgenössische serbische Spiel-filme. Regisseur Miroslav Lekic arbeitet hier an seinem Spielfilm Labyrinth, der im Herbst in die Kinos kommen soll. Pro Drehtag liegt der Mindestlohn eines Schauspieles in Serbien bei 50 Euro. Labyrinth soll etwa zwei Stunden dauern und kostet trotz aufwendiger Produktion insgesamt etwa 700.000 Euro. Finanziert wurde der Film auch durch Gegengeschäfte. So gestaltete man mit den Kulissen etwa einen Werbespot für die Telekom Serbija, die im Gegenzug als Sponsor auftrat. Zu den Gründen für den Erfolg des serbischen Films beim heimischen Publikum sagt Lekic:

„Zum einen orientiert sich der Film hier am Publikum. Hier besteht der Abgrund nicht, der sehr oft vor allem beim europäischen Film besteht, der überhaupt nicht an das Publikum denkt, an das er sich richtet und einfach gefangen ist in seiner künstlerischen Abgeschlossenheit und sich selbst genügt.“

Produzent des Films Labyrinth ist die Belgrader Firma VANS. Sie ist eine der drei großen Verleiher internationaler Spielfilme in Serbien. Während zwischen 100 und 200 ausländische Filme jährlich angeboten werden, werden in Serbien pro Jahr bis zu zehn Filme selbst pro-duziert. Bei den Zuschauerzahlen sieht das Verhältnis jedoch völlig anders aus, betont Dragan Vrazalic, Verkaufsleiter von VANS:

„Zum Beispiel Mumie 2, Gladiator oder Man in Black, weltweite Straßenfeger, gelten hier als Straßenfeger, wenn sie etwa 100.000 Zuschauer erreichen. Die einzige Ausnahme ist Titanic, die 500.000 Zuschauer erreichte, doch das war ein Megahit besonderer Art. Zur gleichen Zeit werden heimische Filme als durchschnittlich erfolgreich betrachtet, wenn sie 200.000 Zuschauer haben.“

Grund für dieses Verhältnis war auch die grassierende Video-Piraterie, die unter Milosevic auch politischen Zwecken diente. So veranstaltete der Sender des einstigen Parteiorgans „Politika“ am 14. April 2000 einen Filmmarathon mit westlichen Raubkopien. Dadurch sollten die Serben von der Teilnahme an einer Oppositionskundgebung abgehalten werden, die zeitgleich in Belgrad stattfand. Das Ende von Milosevic brachte auch die Eindämmung der Video-Piraterie und steigende Zuseherzahlen auch für ausländische Filme betont Dragan Vrazalic:

„Der erste Durchbruch abgesehen vom Film Titanic gelang Harry Potter und „Der Herr der Ringe“. Das waren die ersten Filme, die über 200.000 Zuschauer kamen und 300.000 Zu-schauer erreichten. Aber gleichzeitig waren diese beiden Filme auch die ersten in unseren Kinos ohne Video-Piraterie.“

Aus dem Labyrinth herauszukommen und die wirtschaftlich schwierige Lage Serbiens durch-zutauchen hoffen nun heimische Filmschaffende ebenso wie Verleihfirmen. Koproduktionen mit dem Ausland und Wirtschaftsaufschwung sollen auch in Serbien finanzielle glücklichere Zeiten für die Filmindustrie anbrechen lassen.
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