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Mazedonien vor Referendum im internationalen Focus

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Berichte Nord-Mazedonien

In Mazedonien findet Ende September eine Volksabstimmung statt, die von großer Bedeutung für die Stabilität des Balkan ist. Abstimmen werden die 1,8 Millionen Bürger Mazedoniens über die Vereinbarung, mit der Skopje und Athen den Streit um den Staatsnamen beigelegt haben, der bereits mehr als 25 Jahre dauert. Der Kompromiss sieht unter anderem vor, dass Mazedonien künftig NORD-Mazedonien heißt; wird die Vereinbarung umgesetzt, wird Griechenland im Gegenzug seine bereits 10 Jahre dauernde Blockade der Aufnahme Mazedoniens in die NATO aufgeben und auch die Beitrittsverhandlungen mit der EU können dann beginnen. Für diesen Kompromiss wirbt nicht zur die sozialdemokratisch geführte Regierung in Skopje, auch Spitzenpolitiker aus der EU und der NATO sowie US-Präsident Donald Trump haben die Mazedonier aufgerufen, für den Kompromiss zu stimmen. In Skopje ist heute auch der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz, der auch ÖVP-Obmann ist; deren mazedonische, national-konservative Schwesterpartei ist klar gegen den Kompromiss; mit ihrem Vorsitzenden hat in Skopje unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz gesprochen; hier sein Bericht:

Wie wichtig der Westen das mazedonische Referendum am 30.September nimmt, zeigt schon der internationale Besuchsreigen, der dieser Tage in Skopje stattfindet. Morgen kommt die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, heute ist Bundeskanzler Sebastian Kurz in Skopje und gestern sprach NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit der Führung des zwei Millionen Einwohner zählenden Balkan-Landes. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist für den NATO-Beitritt und dessen ist sich die national-konservative Partei bewusst, die seit mehr als einem Jahr wieder die Oppositionsbank drücken muss. Stoltenberg traf auch mit dem Vorsitzenden dieser Partei, Christian Mickoski, zusammen, der ebenfalls für die NATO- und EU-Mitgliedschaft Mazedoniens ist. In einer Pressekonferenz sagte Stoltenberg, er habe Mickoski klar gesagt, dass diese Ziele nur erreichbar seien, wenn Mazedonien den Kompromiss im Namensstreit mit Griechenland akzeptiere. Dieses Dilemma zeigte sich auch beim Interview mit dem Oppositionsführer, der den Kompromiss mit Griechenland als Katastrophe und Kapitulation bewertet; für diese Einschätzung nennt Mickoski folgende Gründe:

„Wir als Mazedonier verlieren unsere institutionelle Identität, die ein Teil unserer nationalen Identität ist. Denn es gibt weder eine mazedonische Regierung weder eine mazedonische Akademie der Wissenschaften mehr noch eine mazedonische Polizei oder Armee. All diese Institutionen müssen nun die Bezeichnung nordmazedonisch tragen. Hinzu kommt, dass Artikel acht der Vereinbarung vorsieht, dass eine gemischte Kommission aus mazedonischen und griechischen Experten gebildet wird. Sie sollen sich mit der Revision der mazedonischen Geschichte, Archäologie und Bildung befassen. Damit hat Griechenland die Möglichkeit, unsere Beitrittsgespräche mit der EU auch weiter zu blockieren, selbst wenn Mazedonien alle nötigen Reformen durchführen sollte.“

Bei einer derartigen Bewertung müsste die Opposition eigentlich bereits auch eine klare Linie zum Referendum haben, die aber erst kommende Woche bekannt gegeben werden soll. Zu den Optionen sagt Christian Mickoski:

"Es gibt vier Möglichkeiten: eine besteht im Aufruf zum Boykott des Referendums, die zweite im Aufruf an die Bürger dafür zu stimmen und die dritte Möglichkeit liegt im Aufruf dagegen zu stimmen. Schließlich ist es viertens möglich, die Abstimmung frei zu geben, sprich den Bürgern zu überlassen, nach ihrer persönlichen Überzeugung zu stimmen, weil das keine parteipolitische sondern eine nationale Frage ist."

Mickoski wollte nicht sagen, welche Option er befürwortet. Ein Verzicht auf einen Boykott-Aufruf wäre bereits ein Schritt hin zu einer gemäßigten Linie; denn das Referendum ist nur gültig, wenn mehr als die Hälfte aller Stimmbürger daran teilnimmt; diese Bestimmung ist eine Hürde, weil viele Mazedonier im Ausland leben und die Stimmbeteiligung der Diaspora traditionell äußerst niedrig ist.

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