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Mazedonien vor der Wahl

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Berichte Nord-Mazedonien
In dem kleinen Balkan-Land Mazedonien finden morgen vorgezogene Parlamentswahlen statt. Sie soll die tiefe politische Krise überwinden helfen, in der das Land seit mehr als zweieinhalb Jahren steckt. Diese Krise ist das Ergebnis massiver Spannungen zwischen den seit 11 Jahren regierenden Nationalisten und Nikola Gruewksi und der sozialdemokratischen Opposition, die von Zoran Zaew geführt wird. Zur Schwäche der Opposition kamen noch Wahlbetrug, einseitige mediale Berichterstattung zugunsten der Regierung und die Bespitzelung politischer Gegner und vieler Bürger. Erst unter Vermittlung von EU und USA gelang es heuer und auch nur bei zweimaliger Verschiebung der Wahl einen politischen Kompromiss zu erreichen, der fairere und freiere Wahlen ermöglichen soll. Sie finden nun morgen Stadt, wobei 11 Parteien und Koalitionen antreten. Aus der mazedonischen Hauptstadt Skopje berichtet unser Korrespondent Christian Wehrschütz:



Mazedoniens Parlament zählt 123 Sitze; 120 werden in sechs Wahlkreisen vergeben, drei Sitze entfallen auf die Diaspora. Mazedonien ist so groß wie Niederösterreich und hat etwa zwei Millionen Einwohner. Wahlberechtigt sind knapp 1,8 Millionen Bürger, davon nun 230.000 im Ausland. Experten schätzen, dass im Land nur 1,3 Millionen Wähler wirklich leben. Die schwierige soziale Lage hat die Auswanderung auch unter den Mazedoniern verstärkt, während viele Angehörige der albanischen Volksgruppe traditionell im Ausland arbeiten. Diese Diskrepanz, veraltete Wählerlisten und eine regierungsnahe Wahlbehörde waren Quellen der Manipulation; ein Beispiel schildert in Skopje der Vorsitzende einer Nicht-Regierungsorganisation, Albert Musliu, so:



Wir hatten einen Fall in einem ärmeren Stadtteil von Skopje; da sagte ein Mann, dass sein Sohn seit 20 Jahren nicht mehr in Mazedonien lebe. Trotzdem konnte erweisen werden, dass er regelmäßig in Mazedonien gewählt hat. Jene Bürger, die hier keine laufenden Zahlungen haben, hier keinen Strom oder Wasser bezahlen, wurden in eine gesonderte Wählerliste aufgenommen. Zur Kontrolle sind darüber hinaus die Wählerlisten mit Fotos versehen."



30.000 Karteileichen wurden aus den Wählerlisten gestrichen; die Wahlbehörde wurde etwas entpolitisiert und die regierungstreuen Medien müssen der Opposition bessere Möglichkeiten zur Präsentation bieten. Zoran Zajew, Vorsitzender der Sozialdemokraten, kritisierte im Wahlkampf die schwierige soziale Lage und versprach, den Lohn auf fast 500 Euro mehr als zu verdoppeln. Zaew kritisierte auch den Stillstand bei der Annäherung an EU und NATO wegen des Namensstreits mit Griechenland. In seinen Reden appellierte Zoran Zaew insbesondere an die Jugend:



„Meine ehrenwerte Jugend! Es geht um eure Zukunft, es geht um eurer Leben in Mazedonien. Daher möchte ich, dass ihr meine Hand ergreift, die ich euch allen anbiete. Ich weiß, was es heißt, jung zu sein. Das ist nicht so lange her, dass ich mich nicht erinnern kann, mit welchen Erwartungen ich die Universität verlassen habe. Ihr sollte eure Chance bekommen, doch dazu müsst ihr wählen, welche Zukunft ihr wollte.“



Traditionell wählen Mazedonier nur mazedonische und Albaner nur albanische Parteien. Zoran Zaew versucht nun, auch albanische Wähler anzusprechen; personell durch albanische Kandidaten auf vorderen Listenplätzen, inhaltlich durch die Ankündigung, Albanisch in den staatlichen Institutionen als zweite Staatssprache wirklich umzusetzen. Diesen Plan kritisierten die regierenden mazedonischen Nationalisten scharf. Sie mussten auf Druck von EU und USA viele Kompromisse machen, von denen die Opposition profitiert. Darauf spielte auch der Vorsitzende der Nationalisten, Nikola Gruewski, immer wieder an:



"Makedonien ist ein neuer Staat dessen Unabhängigkeit mit großen Mühen und viel Blut und Opfern erreicht wurde. Diese heute Freiheit gibt uns heute auch die Möglichkeit, dass das Volk entscheidet, wer Ministerpräsident wird, und nicht jemand von außen, worauf Zoran Zajew wartet."  



Ob Gruewski oder Zaew morgen die relative Mehrheit gewinnen ist offen; Umfragen ergeben kein klares Bild. Weisen muss sich auch erst, ob die Wahl zum Abbau der politischen Gegensätze beitragen wird, die Mazedonien auch um die Chance gebracht haben, seine wichtige politische Rolle in der Migrationskrise des Vorjahres außenpolitisch gegenüber EU und NATO nutzen zu können.

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