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Mazedonien hat gewählt

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Kleine Zeitung
Berichte Nord-Mazedonien
In Mazedonien hat am Mittwoch der erste Durchgang der Präsidentenwahl stattge-funden. Die Wahl wurde notwendig, weil Amtsinhaber Boris Trajkovski Ende Februar bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist. Um seine Nachfolge bewarben sich vier Kandidaten. Es waren dies zwei Mazedonier und zwei Albaner. Keiner hat in der ersten Runde die erforderliche absolute Mehrheit gewonnen, daher kommt es in zwei Wochen zur Stichwahl. Sie erreichten der Kandidat der Sozial-demokratischen Partei, Ministerpräsident Branko Crvenkovski, und. Sasko Kedev, der für die mazedonische Opposition ins Rennen ging.

Auf Crvenkovski entfielen im ersten Wahlgang 43 Prozent, der Herzspezialist Kedev. kam auf 35 Prozent. Außer Zweifel steht damit, dass der Sozialdemokrat Crvenkovski gute Chancen hat, die Stichwahl gegen Kedev zu gewinnen. Denn von den zwei ausgeschiedenen albanischen Bewerbern hat der Kandidat klar besser abgeschnitten, mit dessen Partei Crvenkovski die Regierung bildet. Offen ist aber wie viele Albaner der Mazedonier Crvenkovski für sich mobilisieren kann. Denn die Stimmen der 300.000 Wähler der albanischen Minderheit sind entscheidend nicht nur für den Sieg, sondern auch für die Gültigkeit der Stichwahl. Gültig ist sie nur, wenn mehr als 50 Prozent der 1,7 Millionen Wahlberechtigten wählen. Wird dieser Wert nicht erreicht, ist die gesamte Wahl zu wiederholen. Im ersten Durchgang lag die Beteiligung bei vier Kandidaten bei nur 55 Prozent. Viele albanische Wahlberechtigte sind als Gast-arbeiter im Ausland, und außerdem sind viele Bürger - Albaner wie Mazedonier - von Regierung und Opposition gleichermaßen enttäuscht. Fast jeder Dritte ist arbeitslos und die ausländischen Direktinvestitionen betrugen vergangenes Jahr weniger als 100 Millionen Dollar. Dieser Betrag wurde heuer bereits bis April erreicht, doch ausländi-sche Firmen reagieren sensibel auf politische Ereignisse. Doch ohne ausländisches Kapital könnenen weder die Arbeitslosigkeit abgebaut, noch die administrativ teure Aussöhnung zwischen Mazedoniern und Albanern finanziert werden. Spannungen zwischen diesen beiden Völkern führten das Land im Jahre 2001 an den Rand eines Bürgerkrieges. Arbeitsplätze und Aussöhnung sind aber die Voraussetzung für dauerhafte Stabilität und dafür, dass Mazedonien dereinst den angestrebten Beitritt zu NATO und EU auch verwirklichen kann.

Scheitern Crvenkovski und die Stichwahl an zu geringer Beteiligung, könnte das somit die Stabilisierung Mazedoniens gefährden und die Reformen noch stärker verzögern. Sie haben unter der Wahl ohnehin bereits gelitten. Im Crvenkovskis Wahlkampfstab sind sechs Minister im Einsatz, und das hemmt die Regierungsarbeit. Hinzu kommt, dass im Falle eines Sieges von Crvenkovski ein neuer Regierungschef und ein neuer Vor-sitzender der Sozialdemokratischen Union gewählt werden muss, denn beide Ämter hat Crvenkovski inne. Bis zur politischen Sommerpause sind somit kaum zügige Reformen zu erwarten, und im Herbst werden die Lokalwahlen das dominante Thema sein. Erst nach ihrem Ausgang werden die Reformen wirklich fortgesetzt werden: Angesichts der gespannten Lage im Kosovo, angesichts des erstarkenden Nationalismus in Serbien und wegen der langsamen Erholung Bosniens sind das keine rosigen Aussichten für den gesamten Balkan.

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