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Mazedonien in der Alexander-Sackgasse

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Berichte Nord-Mazedonien
Wer oder was war Alexander der Große? Obwohl im Juni 323 vor Christi und damit vor 2336 verstorben entzweit diese Frage bis heute Griechenland und Mazedonien. Die Folgen: seit sieben Jahren wartet Mazedonien auf den Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen, die Griechenland blockiert, weil der Streit um den mazedonischen Staatsnamen und damit um Alexanders Erbe ungelöst ist. Erschwerend kommt hinzu, dass in Mazedonien eine national-konservative Partei regiert, die Griechenland noch zusätzlich provoziert. Schwach war bisher die sozialdemokratische Opposition, die nun aber mit Zoran Zaev einen neuen Vorsitzenden bekommen hat. Mit ihm hat in Skopje unser Balkan-Korrespondent über die Frage gesprochen, wie Mazedonien aus der politischen Stagnation herausgeführt werden kann; hier sein Bericht:

Etwa 60 Denkmäler stehen im kleinen Stadtzentrum von Skopje. Natürlich dominiert ein riesiges Reiterstandbild von Alexander dem Großen, nachdem auch der Flughafen benannt ist. Aufstellen ließ diese Denkmäler die nationalkonservative Regierung unter Nikola Grujevski; sie setzt voll auf das antike Erbe, eine Politik, die die Beziehungen zu Athen nicht gerade verbessert. Dessen Haltung im Namensstreit kritisieren zwar zu Rech tviele EU-Staaten; bewirkt hat die Kritik aber bisher nichts. Der neue Vorsitzende der sozialdemokratischen Opposition in Mazedonien, Zoran Zaev, fordert daher einen Kurswechsel in der Außenpolitik:

„Es gibt Dinge, die unser Nachbar Griechenland als Provokation auffassen kann. Auch die Autobahn, die nach Griechenland führt, heißt Alexander der Große. Das trägt nicht dazu bei, dass wir von diesem Nachbarn Hilfe bekommen können. Doch wir müssen eine Politik machen, die uns zusammenführt mit dem Nachbarn, und zwar auf täglicher Basis. Denn die erste Hilfe müssen wir vom Nachbarn bekommen, erst dann werden andere gefragt. Diese politischen Fehler haben negative Folgen für unsere Außenpolitik.“

Diese Fehler konnten die Sozialdemokraten unter ihrem Langzeitvorsitzenden, dem ehemaligen Staatspräsidenten Branko Cervenkovski, ebenso wenig nutzen wie die soziale und wirtschaftliche Krise, in der das Land steckt. Crvenkovski war politisch verbraucht, zu zerstritten war die Partei. Der neue Vorsitzende Zoran Zaev soll das nun ändern. Der 36-jährige ist Bürgermeister von Strumica und ein durchaus angesehener Kommunalpolitiker. Bei der Außenpolitik ist er bereit, mit der Regierung zusammenzuarbeiten; innenpolitisch fordert Zaev aber eine Stärkung von Rechtsstaat und Demokratie, die unter der jahrelangen Herrschaft der Konservativen zweifellos gelitten haben. Über den starken Regierungseinfluss klagen viele Journalisten; auch Zoran Zaev sieht die Medienfreiheit bedroht:

„Wir sind hinter den 80. Platz zurückgefallen, was die Medienfreiheit betrifft. Das ist für uns ein Beweis wir gefährlich die Lage ist, die sich unbedingt bessern muss. Doch ich hoffe, dass wir einen Konsens finden, dass der enorme Einfluss schrittweise geringer wird, den die Regierung auf Journalisten und Medien hat. Denn nur mit freien Medien können wir eine demokratische Gesellschaft schaffen.“

Diese Gesellschaft stagniert zwar, doch Schattenwirtschaft, Geld von Gastarbeitern und ein gewisser Zustrom ausländischer Investoren reichten bisher aus, um die Mehrheit der zwei Millionen Bürger ruhig zu halten, obwohl offiziell jeder Dritte arbeitslos ist. Hinzu kommt, das Ministerpräsident Grujevski Griechenland für die blockierte EU-Annäherung verantwortlich machen und damit etwa einen ernsthaften Kampf gegen die weitverbreitete Korruption hinauszögern kann, die auch unter seiner Regierung blüht. Der Sozialdemokrat Zoran Zaev ist ein klarer Befürworter des Beitritts zu EU und NATO. Doch es muss sich erst zeigen ob Zaev aus den Sozialdemokraten wieder eine ernsthafte politische Kraft formen kann. Bislang war seine Partei ein beherrschbarer Gegner für die Regierung, die daher auch keinen Grund hatte, eine Linie zu ändern, die Mazedonien in die Sackgasse geführt hat.

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