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Alexander statt Brüssel

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Berichte Nord-Mazedonien
Auf dem Weg Richtung EU hat der Balkan im vergangenen Jahr durchaus sichtbare Fortschritte gemacht. Kroatien wird in einem Jahr beitreten, Montenegro kann sich Hoffnungen auf einen Verhandlungsbeginn im Sommer machen, und Serbien dürfte am Montag den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten, nachdem gestern ein großer Schritt zur Normalisierung der Beziehungen mit dem Kosovo gesetzt wurde. Im Gegensatz dazu tritt Mazedonien seit Jahren auf der Stelle. Grund dafür ist der Namensstreit mit Griechenland, das nicht bereit ist Mazedonien unter diesem seinen Staatsnamen zu akzeptieren. Vermittlungen unter Federführung der UNO blieben bisher erfolglos und die EU steht seit Jahren dem Konflikt hilflos gegenüber und hat seit 2008 auch noch ganz andere Probleme mit Griechenland. Unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz hat Mazedonien besucht und folgenden Bericht über ein Land gezeichnet, das seinen Weg zwischen Alexander dem Großen und Brüssel noch immer nicht gefunden hat:

„FYROM, frühere Jugoslawische Republik Mazedonien, lautet in vielen Dokumenten der Staatsname des zwei Millionen Einwohner zählenden Balkan-Staates. Grund dafür ist der Namensstreit mit Griechenland, der um das hellenistische Erbe und um den Anspruch auf Alexander den Großen geführt wird, der vor mehr 2300 Jahren starb. 20 Jahren tobt der Namensstreit; der auch die Entwicklung Mazedoniens lähmt, das etwa so groß ist wie Niederösterreich. Am griechischen Veto scheiterten 2008 der Beitritt zur NATO und bisher auch die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU, obwohl Mazedonien bereits im Herbst 2005 der Status eines Beitrittskandidaten gewährt wurde. Dazu sagt die frühere Europaministerin und nunmehrige sozialdemokratische Oppositionspolitikerin Radmila Sekerinska:

„Wenn ein Land auf der Stelle tritt, dann ist das eigentlich ein Rückschritt. Wenn man in einer Region ist, in der alle der EU beitreten wollen, und alle machen dabei Fortschritte, und wir sind in der gleichen Lage wie 2005, dann verliert man alle Chancen. Aus den gleichen Gründen hat Mazedonien nur wenige ausländische Investitionen, auch heimische Firmen investieren wenig; die Armut wächst und das Problem der Arbeitslosigkeit wird nicht gelöst. Wir haben eine allgemeine Stagnation, nicht nur auf dem Weg Richtung EU.“

Diese Stagnation ist auch auf die Schwäche der Opposition zurückzuführen. Seit fast sieben Jahren regiert eine national-konservative mazedonische Partei gemeinsam mit einer Partei der albanischen Volksgruppe, die ein Viertel der Bevölkerung ausmacht. Diese Partei ging aus der Freischärlerbewegung UCK hervor, die mit ihrem Aufstand das Land im Jahre 2001 an den Rand des Zerfalls brachte. Stellvertretende Parteivorsitzende ist Teuta Arifi, die als Ministerin auch für EU-Integration zuständig ist. Um die griechische Blockade aufzuweichen vereinbarten Brüssel und Skopje einen hochrangigen Dialog, eine Art schaumgebremster Beitrittsverhandlungen, die nun im März beginnen sollen. Dazu sagt Teuta Arifi:

„In den vergangen sechs Monaten habe ich mich bemüht, die Reformen im Land so stark wie möglich voranzutreiben, vor allem auf dem Gebiet der Medien, des Wahlrechts der Justiz. Ich bin zufrieden, dass die EU eine kreative Lösung gefunden hat, um uns zu helfen, den Prozess der Annäherung durch die Eröffnung der Kapitel 23 und 24 fortzusetzen, die die Grundrechte, die Justizreform und den Kampf gegen die Korruption zum Inhalt haben. Doch natürlich ist auch der hochrangige Beitrittsdialog kein Ersatz für einen tatsächlichen Verhandlungsbeginn.“

Denn das gemeinsame Ziel des Beitritts zu EU und NATO bildete 2001 die Basis für einen Ausgleich zwischen Mazedoniern und Albanern. Mehr als zehn Jahre später sind die Beziehungen zwischen beiden Völkern noch immer gespannt, und immer wieder kommt es zu kleineren ethnisch motovierten Zwischenfällen. Daher ist die Lösung des Namensstreits so wichtig, weil eine dauerhafte Stabilisierung Mazedoniens ohne den Beitritt zu EU und NATO nicht zu erreichen sein wird.

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