× Logo Mobil

Massendemonstrationen in Mazedonien

Radio
FJ7
Berichte Nord-Mazedonien
In der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik Mazedonien haben Ende Juli

Zehntausende Mazedonier gegen die Regierung demonstriert. Grund für die

teilweise auch gewaltsamen Proteste ist die geplante Neuregelung der

Gemeindegrenzen. Mit diesem Gesetz wird nicht nur die Zahl der Gemeinden in

Mazedonien von 120 auf 80 reduziert, sondern auch die nationale

Zusammensetzung mancher Gemeinden zugunsten der albanischen Minderheit

verändert, die dadurch mehr Rechte bekommt. Das lehnen viele Mazedonier und

die mazedonische Opposition ab. Trotzdem muss die Regierung die Neuordnung

der Gemeindegrenzen im Parlament beschließen lassen. Denn dieses Gesetz ist

Teil des Friedensvertrages von Ohrid, der im Jahre 2001 bürgerkriegsähnliche

Gefechte zwischen Albanern und Mazedoniern beendet hat. Aus Belgrad

berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

In Mazedonien konzentrierten sich die Proteste gegen die Neuregelung der

Gemeinde-grenzen vor allem auf drei Städte: auf die Hauptstadt Skopje, auf

Kicevo im Westen Mazedoniens und auf die Stadt Struga am Ohrid-See. Im Falle

Skopje werden zwei Dörfer wieder eingemeindet, die erst vor acht Jahren

selbständig wurden. Dadurch steigt der Anteil der Albaner in der knapp

500.000 Einwohner zählenden Stadt auf mehr als 20 Prozent. Das bedeutet,

dass nun Albanisch neben Mazedonisch auch in Skopje zur zweiten Amtssprache

wird, denn diese Marke ist im Friedensabkommen von Ohrid vorgesehen. In

Struga wiederum verlieren die Mazedonier mit der Neure-gelung der

Gemeindegrenzen ihre relative Mehrheit an die Albaner. Das ist auch deshalb

von Bedeutung, weil die Gemeinden künftig mehr Kompetenzen etwa im Schul-

und Gesundheitswesen haben werden. Den Protesten nachgegeben hat die

Regierung nur im Falle von Kicevo. Für diese Stadt wurde die Neuregelung auf

mindestens vier Jahre verschoben. Sie hätte bedeutet, dass die Mazedonier

ihre derzeit bestehende absolute Mehrheit an die Albaner verloren hätten. So

schmerzliche diese Reform für viel Mazedonier ist, so gibt es dazu doch

keine Alternative. Jeder vierte Bewohner des Landes ist Albaner, und die

albanische Minderheit wird diesen Staat nur akzeptieren, wenn sie völlig

gleichberechtigt ist. Dessen ist sich die Regierung bewußt, die von zwei

mazedonischen Parteien und einer Albaner-Partei gebildet wird, die aus der

ehemaligen Rebellenbewegung UCK hervorgegangen ist. Im Parlament will die

Regierung dieses Schlüsselgesetz auf jeden Fall noch vor den

Gemeinderats-wahlen durchbringen. Sie hätten Mitte Oktober stattfinden

sollen, wurden nun aber auf Ende November verschoben. Denn der mazedonischen

Opposition ist es gelungen, die Neuregelung der Gemeindegrenzen im Parlament

durch 160 Abänderungsanträge zu verzögern. Weiter verzögert und sogar

gefährdet werden könnte das Gesetz durch eine Bürgerinitiative. Sie will bis

Ende August 150.000 Unterschriften sammeln, um ein Referendum über das

Gesetz zu erzwingen. Sollte das Gesetz scheitern, wäre damit auch die

Existenz Mazedoniens in Frage gestellt. Bringt die Regierung das Gesetz

durch, wird sich dadurch die Stabilität Mazedoniens erhöhen. Wirklich

gesichert wird der Bestand Mazedoniens erst sein, wenn sich auch die triste

wirtschaftliche und soziale Lage bessert. Die dazu nötigen massiven

ausländischen Investitionen werden aber erst kommen, wenn die Regierung

endlich ihr Versprechen umsetzt und Korrpution, Rechtsunsicherheit und

Bürokratie wirklich abbaut.

Facebook Facebook