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Mazedonien hat gewählt

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Berichte Nord-Mazedonien
In Mazedonien hat gestern der erste Durchgang der Präsidentenwahl stattgefunden.

Die Wahl wurde notwendig, weil der bisherige Präsident Boris Trajkovski Ende Februar bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist. Um seine Nachfolge bewarben sich vier Kandidaten. Es waren dies zwei Mazedonier und zwei Albaner.

In Führung liegt der Kandidat der Sozialdemokratischen Partei, Ministerpräsident Branko Crvenkovski. An zweiter Stelle liegt Sasko Kedev, der für die mazedonische Opposition ins Rennen ging. Zwischen diesen beiden wird nun die Wahl im zweiten Durchgang in zwei Wochen entschieden. Aus Skopje berichtet über die Präsidentenwahl Christian Wehrschütz:

Die Stichwahl um das Amt des mazedonischen Präsidenten ist notwendig, weil der führende Bewerber Branko Crvenkovski gestern die absolute Mehrheit verfehlt hat. Crvenkovski erreichte 43 Prozent. Sein Herausforderer, der Herzspezialist Sasko Kedev, kam auf 35 Prozent. Dieses vorläufige Ergebnis hat die staatliche Wahl-kommission bekannt gegeben, wobei 84 Prozent der Stimmen ausgezählt sind. Das Endergebnis wird kaum davon abweichen. Hinzu kommt, dass es kaum Unregel-mäßigkeiten gab und die Wahl ruhig verlaufen ist. Außer Zweifel steht damit, dass der Sozialdemokrat Crvenkovski gute Chancen hat, die Stichwahl gegen Kedev zu gewinnen. Denn von den zwei ausgeschiedenen albanischen Bewerbern hat der Kandidat besser abgeschnitten, mit dessen Partei Crvenkovski die Regierung bildet. Offen ist aber wie viele Albaner der Mazedonier Crvenkovski für sich mobilisieren kann. Denn die Stimmen der 300.000 Wähler der albanischen Minderheit sind entscheidend nicht nur für den Sieg, sondern auch für die Gültigkeit der Stichwahl. Gültig ist sie nur, wenn mehr als 50 Prozent der 1,7 Millionen Wahlberechtigten wählen. Wird dieser Wert nicht erreicht, muss die gesamte Wahl wiederholt werden. Im gestrigen ersten Durchgang lag die Beteiligung bei vier Kandidaten bei nur 55 Prozent, denn viele Bürger sind von Regierung und Opposition gleichermaßen enttäuscht. Scheitern Crvenkovski und die Stichwahl an zu geringer Beteiligung, könnte das die Stabilisierung Mazedoniens gefährden und die Reformen noch stärker verzögern. Sie haben unter der Wahl ohnehin bereits gelitten. Im Wahlkampfstab von Regierungschef Crvenkovski sind sechs Minister im Einsatz und das hemmt die Regierungsarbeit. Hinzu kommt, dass im Falle eines Sieges von Crvenkovski ein neuer Regierungschef und ein neuer Vorsitzender der Sozialdemokratischen Union gewählt werden muss, denn beide Ämter hat derzeit Crvenkovski inne. Bis zur politischen Sommerpause sind somit kaum zügige Reformen zu erwarten, und im Herbst werden die Lokalwahlen das dominante Thema sein. Erst nach ihrem Ausgang werden die Reformen wirklich fortgesetzt werden, obwohl derzeit praktisch jeder Dritte Bürger Mazedoniens arbeitslos ist und ausländische Investoren noch recht zurückhaltend sind. Doch ohne eine drastische Besserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage werden auch die Spannungen zwischen Mazedoniern und Albanern nicht dauerhaft beseitigt werden können, die das Land im Jahre 2001 an den Rand eines Bürgerkrieges brachten. Arbeitsplätze und Aussöhnung sind aber die Voraussetzung für dauerhafte Stabilität und dafür, dass Mazedonien dereinst den angestrebten Beitritt zu NATO und EU auch verwirklichen kann.

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