Kroatien vor der Wahl
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Berichte Kroatien
„Bis zum Sieg“ lautet der Refrain der Wahlkampfhymne des nationalkonservativen Oppositionsblocks unter Führung der HDZ: Bei der Abschlusskundgebung am Donnerstag in Agram sangen 15.000 Teilnehmer aus vollem Herzen mit, und Spitzenkandidat Tomislav Karamarko rief noch einmal zum vollen Einsatz auf:
„Das ist kein Kampf um irgendwelche Pfründe oder Parteiinteressen. Das ist ein Kampf um Kroatien. Ich selbst werde als neuer Regierungschef Kroatien dienen, das ist meine Heimat, und so hat es mich mein Vater gelehrt.“
Karamarkos Bündnis heißt „Heimatliebende Koalition“. Das lange unangefochtene Monopol auf den kroatischen Patriotismus machte Karamarko im Wahlkampf nun der sozialdemokratische Ministerpräsident Zoran Milanovic streitig, und zwar nicht nur durch Fahnen. Von der Flüchtlingskrise bis zur Zwangskonvertierung von Franken-Krediten präsentierte sich Milanovic als kompromissloser Verfechter kroatischer Interessen. Über die Banken, die diese Zwangskonvertierung und die damit verbundenen Verluste nicht hinnehmen wollen, sagte Zoran Milanovic bei einer Kundgebung:
„Banken an sich sind keine Feinde; doch auch die Banken müssen sich bewusst sein, dass in einer Gesellschaft, in der Gewinne verteilt werden auch Risiken geteilt werden müssen. Es kann nicht einem immer nur gut gehen, während jene, die Kredite mit einer Laufzeit von 20, 30 Jahren aufgenommen haben, von Monat zu Monat zittern und nicht wissen, was morgen sein wird.“
„Wachstum statt Einschnitte“ plakatierte Milanovic, ein Versprechen, das bei einer Staatsverschuldung von 90 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht sehr überzeugend klingt. Wirtschaftlich steht Kroatien alles andere als gut da, obwohl nach mehr als sechs Jahren Schrumpfung die Wirtschaft heuer um etwa ein Prozent wachsen soll. Doch diese für die Opposition an sich günstige Ausgangslage konnte der farblose Tomislav Karamarko nicht wirklich nutzen, der sich im Wahlkampf noch dazu viele Schnitzer leistete; dagegen tritt Milanovic wohl unter dem Einfluss seines amerikanischen Wahlkampfberaters nun viel volksnäher auf. Umfragen sagen daher ein Kopf an Kopf-Rennen um die relative Mehrheit voraus, denn es geht um die bessere Ausgangslage für Koalitionsverhandlungen. Beide Blöcke sollen bei etwa 30 Prozent liegen, und brauchen daher Partner. Doch die meisten der vielen Kleinparteien, die morgen zum ersten Mal antreten, haben sich nicht festgelegt; hinzu kommt, dass einige knapp an der Fünf-Prozent-Hürde liegen, die es in jedem der 10 Wahlkreise zu überspringen gilt, in denen je 14 Mandate ergeben werden. Das Abschneiden der Kleinen kann somit die Kräfteverhältnisse der zwei Blöcke beeinflussen, und somit ist die morgige Parlamentswahl die Wahl mit dem ungewissesten Ausgang in der Geschichte des demokratischen Kroatien.