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Denkzettel für die Regierung bei der Wahl zum europäischen Parlament

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Kleine Zeitung
Berichte Kroatien
In Kroatien hat die regierende Mitte-Links-Koalition gestern bei der ersten Wahl zum europäischen Parlament einen Denkzettel von den Wählern erhalten. Die Koalition unter Führung der Sozialdemokraten gewann nur 32 Prozent der Stimmen und fünf der 12 Sitze im EU-Parlament. 33 Prozent erreichte das Rechtsbündnis um die konservative Oppositionspartei HDZ, das damit sechs Mandate gewann. Einen Sitz erreichte die linkspopulistische Arbeiterpartei, die ebenfalls die Fünf-Prozent-Hürde übersprang.

Die Niederlage der Mitte-Links-Koalition hat mehrere, hausgemachte Gründe. So beharrte der sozialdemokratische Regierungschef Zoran Milanovic auf einer Trennung der Europa-Wahl von den Lokalwahlen Mitte Mai. Dadurch war die Beteiligung zweifellos niedriger, denn nur 21 Prozent der 3,7 Millionen Stimmbürger gingen zur Wahl. Zur niedrigen Beteiligung trugen auch die Gehälter bei, die die kroatischen EU-Abgeordneten nun erwartet. Ein Abgeordneter bekommt 8.000 Euro brutto, das ist mehr als Staatspräsident und Regierungschef verdienen. Dieser Umstand wurde in den Medien ausführlich erörtert, und viele Kroaten sehen im EU-Parlament nur die Privilegien der Abgeordneten, weil sie über die Rolle des Parlaments nur wenig wissen.

Der zweite Fehler von Zoran Milanovic bestand darin, dass er ein Bündnis mit der Regionalpartei von Istrien ablehnte, weil man sich nicht auf eine gemeinsame Liste einigen konnte. Die Regionalpartei erhielt 28.000 Stimmen, die dem Mitte-Links-Bündnis zum Sieg fehlten, denn der Vorsprung des Rechtsblocks um die HDZ beträgt nur knapp 6.000 Stimmen. Hinzu kommt, dass viele Kroaten mit der schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Lage unzufrieden sind, und der Regierung gestern einen Denkzettel verpassten; so waren fünf Prozent der Stimmen ungültig, das entspricht ebenfalls einem Mandat. Ausgiebig Gebrauch machten die wenigen Wähler von der Möglichkeit, Kandidaten zu reihen. Die meisten Vorzugsstimmen auf der Liste der HDZ erhielt die nationalistische Politikern Ruza Tomasic, deren Namen ein Viertel aller 243.000 HDZ-Wähler ankreuzten. Die in Bosnien geborene Kroatin vertritt die ultranationalistische Partei HSP, mit der die HDZ ein Bündnis einging. Tomasic bezeichnete alle nicht-kroatischen Staatsbürger als Gäste in Kroatien, die gehen könnten, wenn es ihnen hier nicht passe. Dafür wurde Tomasic von der Regierung massiv kritisiert, doch viele Kroaten stimmten trotzdem für die gelernte Polizistin, und ihr Erfolg ist eigentlich das bedenklichste Ergebnis dieser Wahl.

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