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Kroatien nach der Wahl

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In Kroatien wird es nach der gestrigen Parlamentswahl voraussichtlich zu einem Machtwechsel kommen. Die konservative HDZ ist eindeutiger Sieger der Wahl und ihr Vorsitzender Ivo Sanader dürfte daher mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Verlierer ist die Sozialdemokratische Partei von Ministerpräsident Ivica Racan. Sie hat nach bisherigem Auszählungsstand mit ihren Koalitionspartnern keine Mehrheit mehr im Parlament. Ein inoffizielles Endergebnis der Parlamentswahl liegt jedoch noch nicht vor. Aus Zagreb berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Der Jubel in der HDZ-Zentrale in Zagreb beim Eintreffen der Wahlergebnisse war verständlich. Nach nur vier Jahren Opposition dürfte die konservative Kroatisch-Demokratische-Union, wieder an die Macht zurückkehren, die sie seit der Unab-hängigkeit Kroatiens fast 10 Jahre inne gehabt hat. Bei der gestrigen Parlamentswahl gewann die HDZ voraussichtlich 16 Mandate hinzu und hat nun 62 Abgeordnete im Parlament. HDZ-Vorsitzender Ivo Sanader, der auch fließend deutsch spricht, sieht das Wahlergebnis so:

„Das ist ein klarer Auftrag zur Regierungsbildung, das ist ein klares Ja für die Politik der Kroatischen Demokratischen Union. Es ist auch ein klares Signal an die Partei und an mich, dass die kroatischen Bürger eine andere Regierung, eine andere Politik wollen.“

Staatspräsident Stipe Mesic dürfte das ähnlich sehen. Er hat bereits durchblicken lassen, dass er nach Parteiengesprächen voraussichtlich Ivo Sanader mit der Re-gierungsbildung beauftragen wird. Sanader hat die HDZ aus der Isolation der Ära Franjo Tudjman heraus- und in die Mitte geführt. Dieser Reform verdankt die Partei ebenso ihren Sieg, wie der Niederlage anderer Oppositions- und Splitterparteien. Die Ausnahme bildet die nationalistische HSP, die ihren Mandatsstand von vier auf acht Sitze verdoppelte. Ihr negatives Image könnte Sanader Probleme bereiten, der Kroa-tien in die EU führen will:

„Ich weiß, dass die HSP ein Problem mit ihrem Image hat in Europa. Es gibt auch klare Anzeichen dafür, die zeigen, dass die HSP sich reformiert hat und vom Radikalismus abgesehen hat.“

Auf die HSP kann Sanader nicht verzichten, denn mit ihr kommt die HDZ auf 72 Abgeordnete im Parlament, das bis zu 160 Abgeordnete zählt. Die genaue Zahl hängt davon ab, wie viele Mandate die Diaspora stellen wird. Sie tendiert traditionell zur HDZ, doch klare Ergebnisse liegen noch nicht vor. Die acht Abgeordneten der natio-nalen Minderheiten tendieren dagegen klar zur noch amtierenden Mittelinkskoalition. Auf sie und auf ein insgesamt besseres Endergebnis setzt auch Ministerpräsident Ivica Racan noch seine Hoffnungen:

„Die Mehrheit wird voraussichtlich nur aus ein bis zwei Mandaten bestehen. Wer sie hat, werden erst die Ergebnisse zeigen. Doch man wird noch genügend Tage warten müssen, um zu sehen, wer die Regierung bildet.“

Doch Racan hat im Poker um die Macht zweifellos die viel schlechteren Karten. Die schwierige soziale Lage und das Versagen beim Verkauf erfolgreicher Reformen führten dazu, dass die Sozialdemokraten voraussichtlich nur 34 Mandate errangen. Sie haben damit ein Viertel ihrer Sitze eingebüßt. Die Wahlen brachten auch weiteren zwei Parteien der Koalition beträchtliche Verluste, die der Erfolg der Kroatischen Volkspartei nicht kompensieren konnte. Insgesamt erreicht die Koalition derzeit nur 65 Mandate im Parlament. Doch unabhängig von der Frage, wer schließlich das Kabinett bilden wird ist klar, dass die neue Regierung nur wenig Handlungsspielraum hat. Soll der EU-Beitritt tatsächlich zwischen den Jahren 2007 und 2009 erreicht werden, sind von jeder Regierung noch umfangreiche Reformen und das schwierige Verhältnis zum Haager Tribunal zu bewältigen.

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