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Kroatien sechs Monate in der EU

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Berichte Kroatien
Noch nicht einmal sechs Monate ist Kroatien Mitglied der EU, doch schon hat die EU-Kommission in Brüssel ein Defizitverfahren gegen das 28. Und damit jüngste Mitglied der Europäischen Union eingeleitet. Grund dafür ist, dass das Balkan-Land bisher weder Staatsverschuldung noch Budgetdefizit in den Griff bekommt. So erwartet die EU-Kommission für das kommende Jahr ein Defizit von 5,4 Prozent und eine Staatsschuld, die 62 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung erreichen wird. Hinzu kommt, dass Kroatien derzeit eher die negativen Folgen des EU-Beitritts spürt.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Kroatien

Insert1: Andrej Alilovic, Qualitätsmanager der Firma Valipile

Insert2: Helmut Fenzl, SPAR-Generaldirektor in Kroatien

Aufsager: Christian Wehrschütz aus Zagreb

Gesamtlänge: 2’29

Mit dem Wegfall der Zollschranken nach dem ersten Juli sind wegen der Wirtschaftskrise die Importe nach Kroaten zwar generell gesunken; bei Lebensmitteln stiegen sie aber stark an. Unter Druck geriet auch diese Firma, die einen Tag alte Küken züchtet, die für die Eier- und Fleischproduktion verwendet werden. Vor allem aus Italien, Polen und Ungarn drängten Konkurrenten auf den Markt, die sich aber nicht behaupten konnten:

„Nach einigen Monaten wurde offensichtlich, dass ihre Qualität nicht zufriedenstellend war; wir mussten die Preise nach ihrem Markteintritt zwar etwas anpassen, doch wir haben unsre Qualitätsstandards gehalten, und jetzt haben wir diesen ersten Versuch des Markteintritts erfolgreich abgewehrt.“

Die Firma ist kein Regelfall, wie ein Blick in die Regale ausländischer Handelsketten zeigt. Diese importierte Eigenmarken-Butter kostet umgerechnet zwei Euro, die kroatische Butter aber zwei Euro und 30 Cent. Bei Milchprodukten und Milch soll der Import um 80 Prozent gestiegen sein.

„Bei der Milch ist es vor allem die österreichische Herkunft und vor allem das Vertrauen auf das Bio-Gütesiegel. Bio-Milch gab es bisher in Kroatien nicht, diese Lücke haben wir auch geschlossen und dasselbe gilt für laktosefreie Milch.“

Während österreichische Lebensmittelerzeuger profitieren, trifft der neue Ansturm auch bäuerliche Familienbetriebe, die bereits ohne EU mit Existenzproblemen zu kämpfen hatten. Bei Milch sollen die Produktionskosten um fast ein Drittel höher sein als in Österreich; Kroatien ist kein Selbstversorger mehr; die Produktion sinkt ständig, weil immer mehr Bauern ihre Milchkühe schlachten. Anderseits kämpft Kroatien mit neuen, höheren Zollschranken gegenüber Serbien und Bosnien. Große Firmen haben ihre Produktion bereits verlagert; die kroatischen Exporte sinken, weil so manche Firma zwar in Ex-Jugoslawien einen Namen hatte, in der EU aber unbekannt und auch nicht konkurrenzfähig ist. Mit 17 Prozent ist die Arbeitslosigkeit ohnehin bereits hoch, doch eine Besserung ist in Kroatien mittelfristig nicht in Sicht.

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