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Kroatien vom Zerfallskrieg zur euroatlantischen Integration

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Knapp 18 Jahre ist der Österreich-Gegner Kroatien als Staat erst alt; nach Jahren der Zerfallskriege Anfang der 90iger Jahre im ehemaligen Jugoslawien konnte die Unabhängigkeit erfolgreich behauptet werden. Trotz seiner Jugend als Staat, hat Kroatien im Fußball bereits beachtliche Erfolge vorzuweisen. So wurde die kroatische Nationalmannschaft etwa bereits Dritter bei der Weltmeisterschaft in Frankreich im Jahre 1998. Die Fußballbegeisterung ist groß in Kroatien, und im Klubfußball sind die kroatischen Fans vor allem in Kroatien gefürchtet. Zu Ausschreitungen im Ausland bei Spielen der Nationalmannschaft kam es bisher aber nicht. Den Weg unseres Gegners in der Vorrunde von der Bewahrung der Unabhängigkeit bis an die Schwelle der EU hat unsere Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz im folgenden Beitrag nachgezeichnet.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Kroatien

Insert1: 3’53 Ivo Sanader, Ministerpräsident

Gesamtlänge: 4‘ 09

Im Mai 1995 demonstrierte Kroatien mit einer großen Parade militärische Stärke; wenige Monate später gelang die Rückeroberung des jahrelang serbisch besetzen Territoriums und der Krieg in Kroatien endete. Seine Folgen waren katastrophal; abgesehen von den vielen Opfern, waren Städte und Landstriche verwüstet, und der Tourismus lag danieder, auch, weil viele Flüchtlinge jahrelang in den Hotels gehaust hatten. Außenpolitisch führte die nationalistische Politik von Präsident Franjo Tudjman Kroatien in die Isolation. Sie endete erst mit Tudjmans Tod Ende 1999; dessen Partei HDZ verloren die Wahlen und unter einer sozialdemokratisch geführten Regierung begannen ernsthafte Reformen und ein erster Aufschwung setzte ein. Sichtbarstes Zeichen dafür war der rasante Autobahnbau; er diente nicht zuletzt dazu, die Tourismusregionen besser zu erschließen.

Verbessern konnte die Regierung unter Ministerpräsident Ivica Racan auch das Verhältnis zum Haager Tribunal; doch der Fall Ante Gotovina blieb ungelöst, denn der letzte mutmaßliche Kriegsverbrecher wurde nicht gefasst. Trotz vieler Erfolge verlor Racan die Parlamentswahl, und Ende 2003 kehrte unter Ivo Sanader eine erneuerte HDZ an die Macht zurück. Sanader hat lange in Österreich aber auch in anderen Staaten Europas gelebt. Binnen kürzester Zeit zerstreute er alle Befürchtungen vor einer Rückkehr zur nationalistischen Vergangenheit. Sein bisher größter außenpolitischer Erfolg war die Einladung Kroatiens zum NATO-Beitritt beim NATO-Gipfel in Bukarest im April dieses Jahres. Zusätzliches Prestige verlieh Kroatien der Besuch von US-Präsident George Bush ebenfalls im April. Honoriert wurde damit Sanaders umsichtige, auf Aussöhnung bedachte Außenpolitik. Als erster kroatischer Ministerpräsident besuchte er Serbien und auch Ante Gotovina konnte im Dezember 2005 in Spanien gefasst werden. Bereits im Oktober hatte das Haager Tribunal grünes Licht gegeben, und die EU nahm die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien auf.

Auf dem Weg Richtung EU wird Kroatien von Österreich massiv unterstützt, nicht zuletzt aus Eigeninteresse. Mit mehr als 4,6 Milliarden Euro ist Österreich größter Investor. Von den Banken über den Mobilfunk bis hin zu produzierenden Betrieben sind österreichische Firmen in Kroatien vertreten.

Präsent ist Österreich auch im Tourismus. Im Vorjahr kamen 11 Millionen Touristen, ein Fünftel der Wirtschaftsleistung entfällt auf den Fremdenverkehr. Trotzdem sind viele Hotels noch nicht privatisiert und erneuert, lässt doch das Investitionsklima durchaus Verbesserungen zu. Das Grundbuch ist nicht sicher, Bürokratie und Gerichte arbeiten langsam, die Korruption ist hoch. Auch daher ist das Tempo der EU-Beitrittsgespräche bisher nicht gerade atemberaubend. Nach zweieinhalb Jahren sind nicht ein Mal alle Kapitel eröffnet. Behindert haben die Gespräche auch der Dauerkonflikt mit Slowenien um die ungeklärte See- und Landgrenze, sowie der Streit mit Italien über die Fischereizone in der Adria. Ivo Sanader will daher kein Datum für einen EU-Beitritt nennen; zurückhaltend ist er auch mit einer Prognose zum ersten EM-Spiel zwischen Kroatien und Österreich:

„Ich kann nur etwas ansagen, und das tue ich gerne, dass ich wahrscheinlich mit dem österreichischen Bundeskanzler gemeinsam dieses Spiel im Prater sehen werde.

W: Am Tag Ihres Geburtstages …

S: … am Tage meines Geburtstages und ich hoffe, die kroatische Nationalmannschaft wird mir ein gutes Geschenk bereiten.

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