Erste Sitzung des Parlaments und Regierungsbildung
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Berichte Albanien
Wenn Sali Berisha heute wie erwartet von Staatspräsident Bamir Topi mit der Regierungsbildung wird, so hat er nach der albanischen Verfassung zwei Wochen Zeit, diesen Auftrag zu erfüllen. Diese Frist dürfte Berisha gar nicht voll ausschöpfen, denn die Verhandlungen sind praktisch abgeschlossen. Zum ersten Mal seit dem Ende der kommunistischen Diktatur vor 20 Jahren steht Albanien eine lagerübergreifende Koalition bevor. Gebildet wird sie von Berishas konservativer Demokratischer Partei und der SMI, der Sozialistischen Bewegung für Integration des früheren Ministerpräsidenten Ilir Meta. Die Demokraten haben 68 Sitze, die SMI hat vier Mandate; hinzu kommen noch zwei Splitterparteien mit jeweils einem Mandat, die auch jeweils ein Ministerium erhalten sollen. Mit zusammen 74 Sitzen verfügt diese Regierung über eine knappe absolute Mehrheit im Parlament, das 140 Abgeordnete zählt. Vor allem die SMI wird weit über ihre Stärke hinaus an der Macht beteiligt. 20 Prozent aller Posten werden ihr zustehen. Ilir Meta selbst soll stellvertretender Regierungschef und Außenminister werden. Von der SMI besetzt werden noch das Ministerium für Handel, Energie und Wirtschaft und das Gesundheitsministerium. Hinzu kommen noch einige stellvertretende Minister und das Amt des stellvertretenden Parlamentspräsidenten. Das Parlament selbst, das heute zu seiner ersten Sitzung zusammentritt, wird zunächst von den Sozialisten boykottiert. Ihr Vorsitzender Edi Rama, der Bürgermeister von Tirana, weigert sich, seine Wahlniederlage anzuerkennen und fordert eine Neuauszählung in drei Wahlkreisen. Dagegen hat EU-Kommissar Olli Rehn die Wahlen als die besten bezeichnet, die in Albanien bisher überhaupt abgehalten wurden. Wie lange Rama den Boykott durchhalten wird, ist offen. An seiner Niederlage ändert der Boykott nichts, und Sali Berisha will in seiner zweiten Amtszeit Albanien so nahe wie möglich an die EU-Mitgliedschaft heranführen. Olii Rehn hat jedenfalls die Visa-Freiheit für den Schengen-Raum bis Mitte kommenden Jahres in Aussicht gestellt, wenn die Regierung die dazu noch nötigen Reformen bis zu diesem Zeitpunkt umgesetzt hat.