Albanien nach der Wahl
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Berichte Albanien
27 Parteien warben in Albanien um die 140 zu vergebenden Mandate und um die Stimmen der 2,8 Millionen Wahlberechtigten. Doch ausgezählt werden diese Stimmen nicht in den einzelnen Wahllokalen, sondern in 100 Wahlzentren. Begonnen wurde damit in der Hälfte knapp nach Mitternacht, in der anderen Hälfte der Zentren noch später. In Tirana wiederum ist die Auszählung unterbrochen und wird erst am Vormittag fortgesetzt. Nach Angaben der Zentralen Wahlkommission ist ein Viertel aller Stimmen ausgezählt, doch Hochrechnungen gibt es nicht; lediglich Nachwahlbefragungen wurden im Auftrag einer privaten TV-Station in 15 von 100 Wahlzentren durchgeführt. Demnach liegt die oppositionelle Demokratische Partei unter Sali Berisha klar vor den regierenden Sozialisten unter Ministerpräsident Fatos Nano. Dieses Bild bestätigt zwar auch ein Blick auf einzelne Wahlkreise, doch für einen Trend ist es noch viel zu früh, weil zu wenige Ergebnisse vorliegen. Das hat beide Parteien nicht gehindert, sich praktisch schon unmittelbar nach Wahlschluss zum Sieger zu erklären, doch der dürfte frühestens heute Abend feststehen. Zufriedenstellen ist die Wahlbeteiligung; sie betrug etwa 55 Prozent und ist damit gleich hoch wie vor vier Jahren; denn es ist auch zu berücksichtigen, dass wohl einige Hunderttausend Albaner als Gastarbeiter gar nicht im Land waren und damit nicht wählen konnten.
Überschattet wurde die Parlamentswahl durch einen Zwischenfall in Tirana, bei dem ein Wahlbeobachter einer Partei angeschossen und tödlich verletzt wurde. Die Motive für die Tat sind unklar. Ob abgesehen davon die Parlamentswahl wirklich einigermaßen demokratisch war, ist derzeit ebenso offen. Eine erste Bewertung wird die OSZE, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit, in Europa erst am Nachmittag vornehmen, wenn die Daten der mehr als 400 internationalen Beobachter ausgewertet sind. Sicher ist, dass dies jedenfalls die freieste Parlamentswahl war, die in Albanien seit dem Ende des Kommunismus vor 15 Jahren stattgefunden hat. Darüber hinaus werden die kommenden Stunden und Tage zeigen, ob auch die Auszählung ohne Zwischenfälle verläuft, und ob der oder die allfälligen Verlierer auch bereit sein werden die Niederlage hinzunehmen, ohne dass es zu Massenprotesten und Gewalttaten kommt.