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INterview mit dem kasachischen Außenminister

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KL: Etwa 50 Prozent des Handelsvolumens von Kasachstan entfallen bereits auf die EU; welche Rolle spielt Brüssel für Astana, welche Ziele hat Ihr Land bei der weiteren Entwicklung der Beziehungen zwischen Kasachstan und der EU:

K.A: Kasachstan betrachtet die EU als größten Partner bei Handel und Investitionen. Daher würden wir die EU gerne als unseren jahrzehntelangen, verlässlichen Partner sehen, der uns seit den ersten Jahren unserer Unabhängigkeit unterstützt hat. Wir waren eines der ersten Länder, dass mit der EU ein Abkommen über eine vertiefte Zusammenarbeit und Partnerschaft abgeschossen hat. Dieses Dokument hat weitreichende Ziele, wurde aber noch nicht von allen EU-Mitgliedern ratifiziert. Wenn das der Fall sein wird, wird das Abkommen sicher neue Horizonte für unsere Partnerschaft mit der EU eröffnen. Wir garantieren, dass Kasachstan ein vertrauenswürdiger Partner bleiben und die günstigsten Bedingungen für die EU und Investoren schaffen wird. Andererseits erwarten wir auch von der EU einen konstruktiven Zugang, etwa was die Visaliberalisierung betrifft, Wir hätten gerne, dass auch Kasachen visa-frei nach Europa reisen können. Wir sind kein Land mit einem hohen Migrationsrisiko. Davon müssen wir noch einige EU-Mitglieder überzeugen.

KL: Kasachstan hat eine 7.500 km lange Grenze mit Russland und eine 1.700 km lange Grenze mit China. Kasachstan wird auch als Land zwischen dem russischen Bären und dem chinesischen Drachen beschrieben. Was bedeutet das für die Außenpolitik ihres Landes?

K.A.: Entlang unserer gesamten Grenze haben wir es verstanden, eine für alle Seiten nützliche Zusammenarbeit auf der Basis gutnachbarschaftlicher Beziehungen zu schaffen. Russland ist unser strategischer Partner; wir gehören demselben Wirtschaftsraum, der Eurasischen Wirtschaftsunion an. Auch China wurde ein zuverlässiger strategischer Partner; im Kalten Krieg trennte die damalige sowjetisch-chinesische Grenze zwei gegnerische Staaten. Nun ist diese Grenze eine Grenze des Friedens und des freien Handels. Wir wollen diese Grenze und das große Transportpotential Kasachstans für Waren nutzen, die China nach Europa und in den Nahen Osten liefert. Der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), in der Russland und China die führende wirtschaftliche Rolle spielen, hat bei seiner Tagung am 9. Juni in Astana mit Indien und Pakistan zwei neue Mitglieder bekommen. Jede Statistik zeigt, wie groß der Anteil dieser Organisation an der Weltbevölkerung und an der Weltwirtschaft ist.

KL: Wie verhält sich die Mitgliedschaft von Kasachstan in der Eurasischen Wirtschaftsunion und in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit zueinander? Die SOZ umfasst politisch sehr, unterschiedliche Länder, die Eurasische Union muss sich wirtschaftlich erst entwickeln.

K.A: Beide Organisationen sollen einander ergänzen; in diese Richtung bewegen wir uns. Das Handelsvolumen in der Eurasischen Union hat in den ersten Monaten des Jahres 2017 um 138 Prozent zugenommen; an Freihandelsabkommen sind etwa zehn Staaten interessiert. Auch die Geschichte der EU aber auch von ASEAN (Südostasiatische Wirtschaftsgemeinschaft) zeigt, dass das Handelsvolumen eben schrittweise zunimmt. Allein der Umfang der Container-Transporte zeigt, dass wir eine schnell wachsende Region sind. Hinzu kommt, dass Zentralasien ein Markt mit mehr als 50 Millionen Einwohnern und wachsender Produktion ist.

Das Interview mit dem kasachischen Außenminister Kairat Abdrakhmanov führte unser Korrespondent Christian Wehrschütz in Astana.
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