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Usbekistan Basisdemokratie auf Mikroebene

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Berichte Usbekistan

Im Dezember vor 30 Jahren zerfiel die Sowjetunion. Während es in Russland, Weißrussland und der Ukraine damals Versuche gab, demokratische Gesellschaften aufzubauen, verlief die Entwicklung in den fünf Teilrepubliken Zentralasiens, in Kasachstan, Kirgisistan, Tadjikistan, Turkmenistan und Usbekistan, anders. Dort verwandelten sich meistens die kommunistischen Parteichefs in autokratische Herrscher und auch nach 30 Jahren sind die Demokratien weitgehend unterentwickelt. In Usbekistan regiert nun seit fünf Jahren Präsident Shavkat Mirsieew; er öffnete das Land nicht nur, sondern versucht offenbar, die Verwaltung auch bürgernäher zu machen. Dazu zählt die Stärkung der sogenannten Machalas, traditionelle lokale Gemeinschaften, die nicht mit Gemeindegrenzen identisch sind. In Taschkent hat Christian Wehrschütz Machalas besucht, und den folgenden Bericht gestaltet:

Die Machala „Elobod“ in der Hauptstadt Taschkent zählt 4.200 Einwohner. Elobod kann mit „Blühender Kreis“ übersetzt werden; diesem Namen versucht der Präsident der Machala gerecht zu werden; er wird ebenso auf fünf Jahre gewählt wie die Bezirksvertretung. Zu den Kompetenzen zählen soziale und wirtschaftliche Fragen, aber auch die Wahrung von Ruhe und Ordnung. Was das in diesem islamisch geprägten Land bedeutet, erläutert der Präsident der Machala „Elobod“, Gasiew Schuchrat Irkanboewitsch, so:

8'40'9 - Konkrete Beispiele für Recht - 9'13'8 (25)

"Zu den administrativen Vergehen zählen das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit, oder die Beleidigung in der Öffentlichkeit. Um das zu verhindern leisten wir Erziehungs- und Aufklärungsarbeit beginnend mit den Eltern über die Kindergärten und Schulen; so sollen die Menschen erzogen werden, die Gesetze zu achten."

Machals sind in der usbekischen Rechtsordnung nicht klar definiert; trotzdem spielen sie gerade bei Fragen der Familie eine besonders wichtige aber rechtlich strittige Rolle. So vollziehen Gerichte und Standesämter Scheidungen oft erst nach Rücksprache mit den Machalas, betont Gasiew Schuchrat Irkanboewitsch. Doch was passiert, wenn sich ein Paar scheiden lassen will? Dazu sagt seine Stellvertreterin, Mamarasulowa Saodat Abduchakimowa:

23'10 - Fall der Scheidungsabsicht - 23'46'5 (26)

"In erster Linie wird mit den Eheleuten gesprochen, um festzustellen, welche Probleme es gibt. Wenn das Paar bei den Eltern lebt, werden auch diese über die Gründe für die geplante Scheidung befragt. Angehört werden auch Vertreter der Geistlichkeit, Männer wie Frauen, die bei uns eine sehr große Rolle spielen. Insgesamt wird versucht, die Eheleute zu versöhnen."

Mehr als 9,200 Machalas gibt es in Usbekistan; dabei bestehen zweifellos große regionale Unterschiede was die Ausstattung betrifft; für sie zuständig ist ein eigenes Ministerium; zum Aufbau der Machalas sagt der stellvertretende Minister Parpiew Botir Rachmatowitsch:

35'25'1 - Machala und Infrastruktur - 37'18'4 (25)

"Vor allem mussten Verwaltungsgebäude errichtet werden, wo man die Bürger empfangen kann. Dann ging es um die Ausstattung mit Computer und Internet. In entfernteren Regionen haben wir diesen Aufbau noch nicht abgeschlossen; doch allein heuer müssen wir mehr als 700 Verwaltungsgebäude errichten und daran arbeiten wir."

Machalas sollen Lebensfragen der Bevölkerung an der Wurzel lösen und offensichtliche Schwächen der Bürokratie eindämmen. Ob Machalas auch beim Aufbau einer wirklich demokratischen Gesellschaft in Usbekistan eine Rolle spielen können, ist angesichts der Schwäche der politischen Parteien und der Dominanz des Staatspräsidenten aber äußerst fraglich.

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