Berichte Ukraine
Bericht 171 bis 180 von 1371
Kampf um die Sicherheit des AKW Saporishija
Einen besonderen Gefahrenherd des Krieges in der Ukraine bildet das Atomkraftwerk Saporishja in der Südukraine. Bei ihrem Vormarsch in den ersten Monaten des Krieges konnten die russischen Angreifer das AKW besetzten; bereits im Sommer des Vorjahres wurde das Gelände mehrfach beschossen, denn das AKW ist das einzige der vier in der Ukraine, das direkt an der Frontlinie liegt. Nach zähen Verhandlungen gelang es, dass vier Experten der Internationalen-Atom-Energie-Agentur auf dem Gelände stationiert wurden; sie haben die Arbeit des Kraftwerks zu überwachen und die IAEA in Wien zu informieren. Ihr Generaldirektor, Rafael Grossi, bemüht sich seit Monaten in Gesprächen mit Kiew und Moskau, eine Vereinbarung zu erreichen, um die Bedrohung eines radioaktiven Unfalls durch Beschuss zu beseitigen. Mit Grossi hat unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz gesprochen; hier sein Bericht:
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz
Inserts: Rafael Grossi, Generaldirektor der IAEA in Wien
Gesamtlänge: 6’21
Bereits mehrfach wurde das Territorium des AKW Saporishija mit Artillerie und Raketen beschossen; dieser Beschuss zählt zu einer von mehreren Gefahren, die der Krieg für das größte Atomkraftwerk Europas mit sich bringt. Denn die Zerstörung eines Reaktorblocks durch Beschuss müsste wohl gezielt erfolgen; gefährlicher sind schon unbeabsichtigte Treffer von gelagertem radioaktivem Material. Doch es gibt noch andere, größere Gefahren für die Sicherheit des Atomkraftwerks:
3'02'6 - Gefahr der Unterbrechung externer Stromversorgung - 4'11'3
"Ein sehr großes Risiko bildet der Verlust der externen Stromversorgung, und das hatten wir in Saporishija bereits sechs Mal. Verliert man die externe Stromversorgung, so verliert man die Kühlfunktion, und dann besteht das Risiko einer Kernschmelze - das ist genau das, was in Japan in Fukushima passiert ist. Dort schalteten sich die Reaktoren beim Erdbeben ab wie eine Schweizer Uhr, doch die Flutwelle zerstörte die Dieselgeneratoren für den Notfall, die im Notfall die Reaktoren kühlen sollten. Was in Saporishija bereits sechs Mal passierte, ist, dass die gesamte externe Stromversorgung verloren ging, und so mussten die Notfallgeneratoren anspringen."
Der Diesel für die im AKW stehenden Notstromgeneratoren reicht nach Einschätzung der IAEA für zehn bis 14 Tage. Über die Lage im Kraftwerk berichten nach Wien vier Experten, die seit einigen Monaten am Gelände stationiert sind. Rafael Grossi war zwei Mal im AKW, wobei allein die Abstimmung der Reiseroute zwischen Kiew und Moskau mehrere Wochen dauerte.
Kontrolliert wird das Kraftwerk von russischen Besatzern; ihnen wirft Kiew vor, das Gelände als Militärbasis zu missbrauchen und auch Waffen stationiert zu haben. Keine klaren Angaben sind jedenfalls der Öffentlichkeit über die russische, militärische Präsenz in Saporishija bekannt; Zahlen nennt auch die IAEA nicht:
13'23'2 - Militarisierung AKW - 14'49'5
"Wir versuchen zu vermeiden, dass das Gelände des AKW zur Militärbasis wird, dass es militarisiert wird. Es gibt eine gewisse Präsenz, doch wir überprüfen ständig, dass das Kraftwerk normal arbeiten kann. Was ich erreichen möchte, ist eine Art Vereinbarung, das beinhalten soll, dass das AKW nicht militarisiert wird. Das ist mir bisher nicht gelungen, obwohl ich sehr hart daran arbeite. Was ich sagen kann, ist, dass es dort eine gewisse militärische Präsenz gibt, dass wir uns bemühen, zu verhindern, dass es dazu kommt; doch es ist völlig klar, das diese Zone ein aktives Kriegsgebiet ist. Das macht auch die Anwesenheit von Militär und paramilitärischen Kräften so fließend und daher wollen wir eine vorhersagbarere Lage erreichen; das bedeutet eine gestärkte Rolle für unsere Mission vor Ort, um das überwachen zu können."
Grossi möchte eine weitere Militarisierung des Geländes verhindern, und ist auch wegen der erwarteten ukrainischen Gegenoffensive bestrebt, so rasch wie möglich eine Vereinbarung zwischen der IAEA sowie Kiew und Moskau zu erreichen.
27'30'9 - Vereinbarung RF UA und IAEA - 29'21'3
"In einer Lage andauernder Kämpfe, ist es utopisch, über eine entmilitarisierte Zone zu sprechen; da werden keine militärischen Kommandanten zustimmen, weil es sehr schwierig ist, eine derartige Zone zu definieren. Worum ich mich jetzt bei den Verhandlungen bemühe, ist, dass ich mich auf grundlegende Prinzipien, auf Verhaltensweisen, konzentriere; Beschießen Sie das AKW nicht oder militarisiert Sie es nicht, und wie man das umsetzen kann. Genau wegen der Gegenoffensive oder wegen der Verteidigung durch die russischen Besatzer bestehe ich so sehr darauf, dass wir eine Vereinbarung brauchen, die im Interesse aller Beteiligten liegt.“
Denn radioaktive Strahlung unterscheidet nicht zwischen Kriegsparteien und dem übrigen Europa wie der Super-Gau im AKW Tschernobyl vor mehr als 30 Jahren klar gezeigt hat.
Doch selbst im Falle einer Vereinbarung zwischen der IAEA, sowie Moskau und Kiew, bestehen nach wie vor viele Probleme; dazu zählt die Lage der Mitarbeiter; vor dem Krieg waren es etwa 10.000; jetzt sind es noch 3.000; das sei gerade noch ausreichend, weil das AKW nur auf Minimalbetrieb laufe, betont Rafael Grossi; er verweist auch auf die enorme Stress-Belastung der Mitarbeiter:
21'27 - Mitarbeiter des AKW und Stress Hammer und - 25'46'7
"Sie befinden sich zwischen Hammer und Amboss, das ist die Realität. Viele gingen vor allem zu Beginn des Konflikts weg, und zwar auf ukrainisch-kontrolliertes Gebiet. Es gibt zweitens eine schwankende Zahl an Mitarbeitern, die in der Region oder in der Stadt Energodar verblieben sind, aber nicht arbeiten. Hinzu kommt, dass Russland eine neue Firma gegründet hat, die dieses AKW betreibt, und von den Mitarbeitern wird verlangt, Arbeitsverträge abzuschließen; das bedeutet eine Änderung ihrer Rechtsstellung, und natürlich sieht das die ukrainische Konfliktpartei als Verrat an. Das bedeutet eine zusätzliche Quelle an Druck; darüber habe ich sogar mit Präsident Volodimir Selenskij gesprochen; allen habe ich gesagt: "Diese Personen sind die Opfer, und man sollen nicht von ihnen verlangen, eine Rolle zu spielen, die nicht die ihre ist; sie sind keine Kombattanten, sie haben ihre Familien vor Ort, und sie versuchen, ihr Leben so normal wie möglich zu leben, um diesen Konflikt zu überleben.“
Die meisten Mitarbeiter leben in der Stadt Energodar, fünf Kilometer vom Kraftwerk entfernt. Ihnen bietet die IAEA medizinische und psychologische Betreuung an, denn in der Zentrale in Wien ist man sich bewusst, wie enorm die seelische Belastung für die Belegschaft ist, die, seit fast einem Jahr, das AKW Saporishia verwalten und führen muss.
IAEA und Kampf um Sicherheit des AKW Saporishija
Einen besonderen Gefahrenherd des Krieges in der Ukraine bildet das Atomkraftwerk Saporishja; das größte AKW Europas ist seit etwa einem Jahr von russischen Truppen besetzt; sein Gelände war immer wieder Ziel von Angriffen mit Raketen und Artillerie; gerade angesichts einer möglichen ukrainischen Gegenoffensive ist die in Wien ansässige IAEA, die Internationale Atomenergie-Agentur, so bemüht, mit Kiew und Moskau eine Vereinbarung zu erreichen, um die Gefahr für das Kraftwerk und Europa zu bannen.
Interview Rafael Grossi
CW: Wie vielfältig sind die Gefahren für die Sicherheit des AKWs Saporishija, das praktisch an er Frontlinie in der Südukraine liegt?
RG: "Die erste Gefahr besteht in einem direkten Beschuss des Territoriums des AKW; und das geschah im vergangenen Sommer und dann auch im November, wobei aber nicht die Reaktoren beschossen wurden. Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einem Brand durch Beschuss kommt, der die Reaktoren aber auch die Teile des AKW betrifft, wo nukleares Material gelagert ist; das gilt etwa für die Lager für ausgebrannte und neue Brennstäbe, die weniger geschützt sind, während der Reaktor natürlich von einer sehr starken Hülle umgeben ist. Als ich im September zum ersten Mal im AKW war, war ich schockiert als mir zwei große Löcher gezeigt wurden, die direkter Beschuss ausgelöst hat."
Reportage aus der Stadt Tschasiv Jar
20230516 ORF III Reportage aus Tschasiv Jar bei Bachmut Wehrsch Mod
In und um die Stadt Bachmut in der Ostukraine wird weiter heftig gekämpft. Nördlich der Stadt dürften ukrainische Soldaten im Vormarsch sein, doch ein klares Lagebild fehlt derzeit. Zehn Kilometer westlich von Bachmut liegt Tschasiv Jar; die Stadt ist ein Knotenpunkt auf dem Weg nach Bachmut, wobei die Front südlich von Tschasiv Jar nur etwas mehr als zwei Kilometer von der Stadt verlaufen dürfte. Im Gegensatz zu Bachmut wird in Tschasiv Jar noch nicht gekämpft, doch die Artillerieduelle hinterlassen immer mehr Spuren und die vor Kriegsbeginn 12.000 Einwohner zählende Ortschaft wird immer mehr zur Geisterstadt;
Reportage aus Tschasiv Jar
20230515 ZiB1 Reportage aus Tschasiv Jar bei Bachmut Wehrsch Mod
Zehn Kilometer westlich von Bachmut liegt Tschasiv Jar; die Stadt ist ein Knotenpunkt auf dem Weg nach Bachmut, wobei die Front südlich von Tschasiv Jar nur etwas mehr als zwei Kilometer von der Stadt verlaufen dürfte. Im Gegensatz zu Bachmut wird in Tschasiv Jar noch nicht gekämpft, doch die Artillerieduelle hinterlassen immer mehr Spuren und die vor Kriegsbeginn 12.000 Einwohner zählende Ortschaft wird immer mehr zur Geisterstadt;
Reportage aus Tschasiv Jar bei Bachmut
20230515 MiJ Reportage aus Tschasiv Jar bei Bachmut Wehrsch Mod
2‘38
In und um die Stadt Bachmut in der Ostukraine wird weiter heftig gekämpft. Nördlich der Stadt dürften ukrainische Soldaten im Vormarsch sein, doch ein klares Lagebild fehlt derzeit. Zehn Kilometer westlich von Bachmut liegt Tschasiv Jar; die Stadt ist ein Knotenpunkt auf dem Weg nach Bachmut, wobei die Front südlich von Tschasiv Jar nur etwas mehr als zwei Kilometer von der Stadt verlaufen dürfte. Im Gegensatz zu Bachmut wird in Tschasiv Jar noch nicht gekämpft, doch die Artillerieduelle hinterlassen immer mehr Spuren und die vor Kriegsbeginn 12.000 Einwohner zählende Ortschaft wird immer mehr zur Geisterstadt; sie hat gestern unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz besucht; hier sein Bericht:
Landwirtschaft und Abkommen für Odessa
In einer Woche läuft das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine aus. Unter Vermittlung von UNO und Türkei kam es vor etwa einem Jahr zustande und ermöglicht Getreidelieferungen über den Hafen Odessa, die vor allem Länder in Afrika und im arabischen Raum vor Hungersnöten bewahren sollen. Derzeit ist aber unklar, ob dieses Abkommen verlängert wird; Kiew wirft Moskau vor, bereits jetzt die Abfertigung von Schiffen zu verzögern. Für die Ukraine und ihre Landwirtschaft bedeuten die Seetransporte eine wirtschaftliche Lebenslinie; die Rolle großer Agrarbetriebe schildet unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz an folgendem Beispiel:
20230512 ORF III Rolle der Landwirtschaft und Abkommen Odessa Wehr Mod
20230512 ORF III Rolle der Landwirtschaft und Abkommen Odessa Wehr Mod
In einer Woche läuft das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine aus. Unter Vermittlung von UNO und Türkei kam es vor etwa einem Jahr zustande und ermöglicht Getreidelieferungen über den Hafen Odessa, die vor allem Länder in Afrika und im arabischen Raum vor Hungersnöten bewahren sollen. Derzeit ist aber unklar, ob dieses Abkommen verlängert wird; Kiew wirft Moskau vor, bereits jetzt die Abfertigung von Schiffen zu verzögern. Für die Ukraine und ihre Landwirtschaft bedeuten die Seetransporte eine wirtschaftliche Lebenslinie; die Rolle großer Agrarbetriebe geht aber in Kriegszeiten weit über die Landwirtschaft an sich hinaus ….
Astarta und Odessa
20230511 ZiB1 Rolle der Landwirtschaft und Abkommen Odessa Wehr Mod
In einer Woche läuft das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine aus. Unter Vermittlung von UNO und Türkei kam es vor etwa einem Jahr zustande und ermöglicht Getreidelieferungen über den Hafen Odessa. Derzeit ist unklar, ob dieses Abkommen verlängert wird; Kiew wirft Moskau vor, bereits jetzt die Abfertigung von Schiffen zu verzögern. Für die Ukraine und ihre Agrarbetriebe bedeuten die Seetransporte eine wirtschaftliche Lebenslinie;
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ukraine
Insert1: Viktor Iwantschik, Agrarproduzent in der Ukraine
Insert2: Viktor Iwantschik, Agrarproduzent in der Ukraine
Gesamtlänge: 1’33
Astarta zählt zu den ganz großen landwirtschaftlichen Produzenten in der Ukraine. Bei Milch ist das Unternehmen ebenso führend wie bei Soja und bei der Erzeugung von Zucker aus Zuckerrüben; bewirtschaftet werden mehr als 200.000 Hektar. So wichtig der Heimmarkt ist, so ist doch auch der Export über den Hafen Odessa ein wichtiger Faktor:
14'16'4 - Heimmarkt und Export – 15’49 -16'59'6
"54 Prozent unserer Einnahmen erwirtschaften wir durch Export; das betrifft natürlich nicht nur Getreide, sondern auch Zucker und Soja-Produkte, wo wir 70 Prozent exportieren. Getreide exportieren wir zu zwei Drittel über den Hafen Odessa, ein Drittel über den Landweg. Für uns und die Landwirtschaft ist es wichtig, dass der grüne Korridor fortgesetzt wird. "
In der Ukraine entfallen etwa 60 Prozent aller Exporte auf die Landwirtschaft; die Aussaat ist in vollem Gange, doch viele Betriebe leiden unter den Folgen des Krieges – von der Verminung von Feldern bis hin zum Mangel an Arbeitskräften, die eingezogen oder geflohen sind:
12’16‘5 - Diversifizierung und Reaktion auf Krieg und Probleme - 12'59'8 – 13‘27‘4
"Für die Landwirtschaft kann dieses Jahr schwieriger werden als das vergangene; die finanziellen Reserven der Bauern und anderer Betriebe sind geringer geworden, während sich die Bereitschaft der Banken, Kredite zu vergeben, nicht sehr verbessert hat.“
Astarta hat diese Probleme nach eigenen Angaben nicht; trotzdem bleibt Odessa die Lebensader, und daher ist eine Verlängerung des Getreideabkommens so wichtig.
Reportage aus Slowjansk in der Ostukraine
20230502 ORFIII Reportage aus Slowjansk in der Ostukraine Wehrschütz Mod
Die Stadt Slowjansk liegt in der Ostukraine, etwa 40 Kilometer von der umkämpften Stadt Bachmut entfernt. Die Front liegt mit 25 Kilometer zwar näher bei Slowjansk, doch das ist immer noch besser als im Sommer des Vorjahres, als die Front nur mehr 10 Kilometer entfernt war. Diese wechselhafte Lage spiegelt sich auch in der Zahl der Einwohner wider, die vor dem Krieg mit 100.000 etwas höher war als in Klagenfurt. Eine Reportage von Christian Wehrschütz
Bericht 171 bis 180 von 1371
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