20250630 ORFIII Evakuierungen vor der russischen Dampfwalze Wehrsch Mod
Langsam aber stetig ist die russische Dampfwalze in der Ukraine auch in diesem Jahre bisher vorgerückt. Das bedeutet konkret, dass sie in der Ostukraine nun zum ersten Mal seit Kriegsbeginn vor mehr als drei Jahren vom Oblast Donezk auch an die Grenze zum Oblast Dnipropetrowsk herangerückt sind. Aus diesem Grund hat Kiew bereits mit der Evakuierung der Zivilbevölkerung aus dem Grenzgebiet zwischen den beiden Landkreisen, ukrainisch Oblasts, begonnen.
Berichtsinsert: Christian Wehrschützz aus der Ostukraine
Insert1: Mikola, Nebenerwerbsbauer im Dorf Androniwka
Insert2: Ludmila, Flüchtling aus der Ostukraine
Insert3: Ludmila, Flüchtling aus der Ostukraine
Insert4: Vlad, freiwilliger Helfer der Organisation Ost-SOS
Gesamtlänge: 4‘10
Ähnlich wie in Österreich, wird man auch in der Ukraine an der administrativen Grenze ziwschen zwei Landkreisen mit einem Schild willkommen geheißen. Anders ist das zwischen den Oblasts Dnipropetrowsk und Donezk. An der Hauptstraße steht ein Kontrollposten mit Netzen überspannt, um feindlichen Drohnen den Angriff zu erschweren. Im Angelände sind mit freiem Auge Laufgräben und Panzerigel zu erkennen; auch beim anliegenden Dorf Androniwka sind kleinere Panzersperren zu sehen, dafür aber praktisch kaum Bewohner. Schließlich treffe ich den alten Mikola, der mit seiner Frau zu den 80 Bewohnern zählt, die noch im Dorf verblieben sind. Vor Kriegsbeginn waren es dreimal so viele. Mikola ist ein kleiner Nebenerwerbsbauer; wie lange, will er noch in Androniwka bleiben?
Mikola 0:55 Dorf Andronowka
„Wenn der Druck stärker wird, werden wir ausreisen. Bis jetzt nicht. Was soll man tun? Wir haben den Garten angepflanzt, und überall die Landwirtschaft. Aber wenn es schlimmer wird...“
Wenige Kilometer dahinter liegt das Städtchen Meschewaja, der erste Treffpunkt mit dem Kleinbuss der Nichtregierungsorganisation „OST-SOS“, die an diesem Tag 11 Personen in die Stadt Dnipro evakuieren wird. Das Schicksal der ersten beiden Frauen ist besonders tragisch. 2014 flohen die 45-jährige Ludmila und ihre nun 16-jährige Tochter Viktoria aus der Stadt Donezk nach Meschewaja; nun fliehen sie erneurt vor der russischen Armee:
Ludmila 0:25 (Meschewaja)
„Weil es sehr beängstigend ist. Drohnen fliegen. Worauf sollen wir warten? Wir müssen das Leben des Kindes retten.“
Und wie soll es in Dnipro weitergehen?
Ludmila 1:32
„Zuerst werden wir bei Bekannten bleiben, und dann werden wir entscheiden, was wir tun.“
Evakuiert hat die Organisation „Ost-SOS“ mit ihrem Kleinbus weitere sieben Frauen, ein Baby und einen alten Mann. Die Nicht-Regierungsorganisation leistet auch Hilfe bei der Neuorientierung fern der Heimat, so dies nötig ist, denn die Schicksale sind vielfältig:
Vlad 2:46 (Profil der Evakuierten)
„Es gibt Fälle, in denen die Menschen Verwandte haben, zu denen sie fahren können. Es gibt auch jüngere Leute, die arbeiten, und sie haben die Möglichkeit, in sichereren Städten oder Dörfern in der Ukraine eine Unterkunft zu mieten. Es gibt Fälle von Menschen mit eingeschränkter Mobilität, wenn es gesundheitliche Probleme gibt. Und wir haben eine Reihe von Unterkünften, die für solche Menschen Hilfe bereitstellt. Also hängt alles von der konkreten Situation ab.“
Den Flüchtlingen war deutlich anzumerken, wie schwer ihnen das Verlassen von Heim und Herd fällt; doch es geht ums Leben und Überleben, denn ein Kriegsende ist nicht in Sicht. Das Zeichen des Landkreises von Donezk ist mit vielen Fahnen und Symbolen ukrainischer Einheiten geschmückt; zu sehen sind dort auch die Abzeichen vieler Truppenkörper; auf einem steht ein Satz, der betroffen macht: „Das Ende des Krieges sahen nur die Toten.“ Möge den Flüchtlingen und so vielen Ukrainern wie möglich ein anderes Schicksal beschieden sein.